Workshop zu Frauengesundheit am Ageing Workshop der SHCS 

Im Mai fand in Basel der dritte Workshop zu Alter und Metabolismus der Schweizerischen HIV-Kohortenstudie statt. Das von Philip Tarr geleitete Programm versprach zwei Tage intensiver Workshops mit hochkarätigen schweizerischen und europäischen Expert:innen aus der HIV-Medizin sowie aus den Bereichen Leber, Neurologie und Herz-Kreislauf-Medizin, Endokrinologie/Stoffwechsel, Frauengesundheit und Pharmakologie.

Als ich zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen von der Aids-Hilfe Schweiz gebeten wurde, den Workshop als Person, die mit HIV lebt, aus der Community-Perspektive mitzugestalten, war ich zwar geschmeichelt, aber auch etwas erstaunt über die Aussicht, an einer Veranstaltung mit solch illustren Fachleuten auf dem Gebiet der HIV-Forschung und -Praxis teilzunehmen. Seit meiner eigenen HIV-Diagnose im Jahr 2016 ist mein Verlangen, zu verstehen, wie dieses Virus meinen alternden Körper beeinflusst, erheblich gewachsen. So machte ich mich mit viel Enthusiasmus und Neugier auf den Weg nach Basel, um mehr über die Auswirkungen des Alterns mit HIV, die Forschungsbereiche sowie die Warnungen und Empfehlungen der Expert:innen zu erfahren.

Der grosse Höhepunkt der zwei Tage war für mich der Workshop mit dem Titel „HIV und Frauengesundheit“, der von Anna Hachfeld und Susanna Weidlinger präsentiert wurde. Als 56-jährige Frau, die mit HIV lebt, war mein Interesse natürlich sofort geweckt, aber mit einer solchen Fülle an Informationen hatte ich nicht gerechnet.

Wissen über Symptome der Menopause ist beschränkt

So überraschend es auch sein mag, sowohl das Wissen als auch das Verständnis für die Symptome und Anzeichen der Menopause sind bei den Frauen selbst häufig nicht vorhanden, unabhängig von ihrem HIV-Status. Trotz vieler anekdotischer Gespräche unter Frauen gibt es kaum offizielle Informationen oder Gesundheitsförderungsmassnahmen, die darauf abzielen, das Bewusstsein für die Auswirkungen, Komplikationen und Risiken der Wechseljahre zu stärken. Wechseljahrbeschwerden werden nicht nur häufig abgetan und selbst von Gynäkolog:innen als „normaler Teil des Lebens“ betrachtet, sondern nur allzu häufig übersehen oder falsch diagnostiziert. Auf beiden Seiten kann es zu Wissensdefiziten kommen: HIV-Spezialist:innen sind sich bestimmter Aspekte des Alterns in der Frauengesundheit und der Besonderheiten der Wechseljahre nicht immer bewusst oder kennen sie nicht, und auf der anderen Seite fehlt es Gynäkolog:innen oft an Bewusstsein und Verständnis für die HIV-spezifischen Aspekte der Wechseljahre. Dies führt nur allzu oft dazu, dass HIV-infizierte Frauen eine unzureichende Menopausenversorgung erhalten, obwohl sie im Vergleich zu HIV-negativen Frauen häufigere und ausgeprägtere Symptome aufweisen. Dies ist besonders besorgniserregend, da Untersuchungen zeigen, dass Frauen mit HIV ein höheres Risiko für altersbedingte Erkrankungen wie Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depressionen haben. Diese Gesundheitsprobleme treten in der Zeit des Übergangs in die Wechseljahre verstärkt auf.

Die Menopause ist die Zeit im Leben einer Frau, in der ihre Periode ausbleibt und sie nicht mehr schwanger werden kann. Während dieser Zeit beginnt der Spiegel des weiblichen Hormons Östrogen zu sinken. In der Regel geschieht dies um das 52. Lebensjahr herum. Bei Frauen, die mit HIV leben, kann es aber auch schon ein paar Jahre früher passieren. Dies ist ein natürlicher Prozess. Bei den meisten Frauen, die in die Wechseljahre kommen, beginnen die Symptome in der Perimenopause (der Zeit vor dem Ausbleiben der Periode) – daher ist es wichtig, sich der Symptome frühzeitig bewusst zu sein. Wechseljahrbeschwerden, HIV-Symptome und Nebenwirkungen der antiretroviralen Behandlung (ART) sind oft schwer zu unterscheiden und zu erkennen. Dies kann Ängste auslösen und dazu führen, dass manche Frauen ihre regelmässige ART absetzen oder unterbrechen. Die korrekte Identifizierung der Ursache dieser Symptome ist entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung.

Symptome erkennen, bevor sie behandelt werden können

Es wurden über 34 verschiedene Symptome der Wechseljahre beschrieben und dokumentiert. Die am häufigsten auftretenden sind: Hitzewallungen und nächtliche Schweissausbrüche, Schlafstörung, Kopfschmerzen/Migräne, Muskel- und Gelenkschmerzen, Gewichtszunahme, Haut- und Haarveränderungen, Ängstlichkeit, kognitive Probleme, Müdigkeit, depressive Verstimmung, Trockenheit der Scheide und Dyspareunie, Symptome des Harntrakts und Verlust der Libido.

Jede Frau macht andere Erfahrungen, aber alle haben einige der Anzeichen oder Symptome gemeinsam. Allen Frauen mit Wechseljahrbeschwerden sollte eine Behandlung angeboten werden. Zu den verfügbaren Behandlungen gehören:

  • vaginales Östrogen, das sich positiv auf die sexuelle Gesundheit und die urogenitalen Symptome auswirkt und bei den meisten Frauen eingesetzt werden kann, auch bei jenen, die eine systemische Hormontherapie in den Wechseljahren nicht anwenden wollen oder können.
  • Eine systemische Hormonbehandlung verbessert die Lebensqualität, indem sie die Symptome der Wechseljahre lindert und das Risiko von Osteoporose und kardiovaskulären Ereignissen verringert.
  • Transdermales Östrogen (mit Progesteron, wenn die Frau eine Gebärmutter hat) ist die bevorzugte Hormonersatztherapie aufgrund des geringeren Thromboembolie-Risikos.

 

Es ist wichtig, dass die HIV-Spezialist:innen mögliche Wechselwirkungen zwischen ART und hormonellen oder natürlichen Behandlungen bewerten und berücksichtign und gegebenenfalls die ART so anpassen, dass die Frauen eine Hormonersatztherapie einnehmen können, wenn sie dies wünschen.

Dieser Workshop hat mich herausgefordert und inspiriert, mich für die Entwicklung und Förderung von mehr Programmen, Workshops, Kursen und Informationen zum Thema „HIV und Frauengesundheit“ einzusetzen. Ich habe auch die Gewissheit mitgenommen, dass neben der sehr notwendigen akademischen Forschung der Fokus auf die Beteiligung der Community, die praktische Beratung und die patientenzentrierte Versorgung zu legen ist. Mein Dank geht an alle Beteiligten.

Ellen Cart / Juli 2024

 

Weitere Themen