Trump kürzt die Auslandhilfe – Schweizer Projekte in Afrika betroffen
Mehrere Schweizer Universitäten unterstützen HIV-Programme in Afrika. Diese wurden bisher auch aus amerikanischen Geldern mitfinanziert. Wir haben bei einigen nachgefragt.
Ifakara, Tansania
Professorin Maja Weisser aus Basel engagiert sich seit vielen Jahren in der Chronic Diseases Clinic in Ifakara. Hier werden in einer ländlichen Umgebung jährlich über 4’000 Menschen mit HIV oder Tuberkulose behandelt. Das Projekt ist eine Zusammenarbeit zwischen dem St. Francis Regional Referral Hospital, dem Ifakara Health Institute mit dem Universitätsspital Basel und dem Schweizerischen Tropen- und Public Health Institut, in Allschwil.
35 Mitarbeitende in Ifakara haben seit Mitte Februar von USAID keinen Lohn mehr erhalten. Vor 2 Wochen hat sich die Situation geklärt. Die HIV-Programme unterstehen neu dem tansanischen Gesundheitsministerium und nicht mehr der amerikanischen Entwicklungsagentur USAID. Die weitere finanzielle Unterstützung durch PEPFAR scheint gesichert, in kleinerem Ausmass auch ein Engagement durch das tansanische Gesundheitsministerium. Per Juli 2025 treten neue Verträge in Kraft. Die Budgets und gedeckten Dienstleistungen sind noch unklar. Wir erwarten, dass Medikamente und HIV-Viruslastbestimmung weiter gedeckt sind.
Maja Weisser berichtet: «Medikamente waren zum Glück immer vorhanden. Wir haben nicht mehr für 6 Monate am Stück abgegeben, sondern bloss für 3 Monate, um Engpässe zu verhindern. Viruslasttestungen sind für sechs Wochen ausgefallen. Jetzt haben wir eine grössere Menge an Viruslasttests erhalten und sind daran, die eingefrorenen Proben zu bearbeiten. Ein Problem zeigt sich jedoch erst verzögert: Wir haben keine HIV-Nachweistests mehr. Wir versuchen uns mit anderen Zentren zu organisieren, aber wir haben im Moment keine Lösung. Ebenso fehlen uns CD4-Bestimmungstests. Wir priorisieren die Behandlung von neu diagnostizierten und hospitalisierten Patienten. Dank Privatspenden aus der Schweiz können wir die Löhne unserer Mitarbeiter bis im Juli mehrheitlich überbrücken. Ab Juli erwarten wir, dass die neuen Verträge in Kraft sind und unsere Leute weiterarbeiten können. Die Massnahmen der amerikanischen Regierung haben grosse Verunsicherung ausgelöst. Hinzu kamen existentielle Ängste der Patienten und der Mitarbeiter. Das tansanische Gesundheitsministerium hat bisher finanziell kaum beigetragen. Dieses übernimmt jetzt mehr Verantwortung. Damit sind wir inhaltlich und auch finanziell besser abgestützt. Das muss sicher noch mehr passieren in Zukunft, um solche Abhängigkeiten zu reduzieren.»
International Epidemiology Databases to Evaluate AIDS IeDEA
IeDEA ist ein internationaler Verbund von HIV Kohortenstudien. Gegründet wurde das Konsortium 2006 von europäischen Forschern und den amerikanischen National Institutes of Health NIH. IeDEA überwacht die Daten von mehr als 2,3 Millionen Menschen mit HIV. 1,8 Millionen leben im südlichen Afrika – in Südafrika, Lesotho, Malawi, Mozambique, Zambia und Zimbabwe. Die Leitung liegt bei Frau Dr. Eliane Rohner und Professor Gilles Wandeler vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin an der Universität Bern.
IeDEA fehlen heuer 3 Millionen Franken. Davon wurden an der Universität Bern 14 Stellen finanziert; im südlichen Afrika und in anderen Ländern noch viele mehr. Mittlerweile ist die Universität Bern eingesprungen. Das Engagement der Berner Universität erlaubt alle Verträge in Bern um 1 Jahr zu verlängern. Damit gewinnen die Forscher Zeit, zusätzliche Mittel zu organisieren. Damit besteht weiterhin eine Finanzierungslücke von 2 Millionen. Medikamente sind davon nicht betroffen. Aber: die IeDEA Daten sind ein unverzichtbares Instrument für UNAIDS und die Weltgesundheitsorganisation WHO. Die Empfehlung, alle Menschen mit HIV zu behandeln, stützt sich im südlichen Afrika wesentlich auf Daten der IeDEA ab.
Anderswo in Afrika
Von einem weiteren Projekt hören wir folgendes: Die konkreten Auswirkungen hängen vom jeweiligen Land ab, was und wieviel durch USAID bezahlt wurde. Bei uns waren es vor allem Pflegefachleute, Ärzte und Berater, welche von USAID bezahlt wurden. Die Medikamente sind zu 80% selbst finanziert und zu 20% vom Global Fund. Darum kam es bisher nicht zu Therapieunterbrüchen. Aber sehr viel Personal konnte oder durfte plötzlich nicht mehr arbeiten. Darunter leiden die Aktivitäten zu Gunsten von jenen Menschen, welche nicht gut ins Versorgungssystem eingebunden sind. Das heisst: Für Menschen mit einer stabilen Therapie, welche regelmässig ihre Medikamente abholen und die Viruslast unter Kontrolle haben, hat sich wenig geändert. Für alle anderen ist die Situation sehr schwierig.
Die langfristigen Folgen sind sehr schwierig abzuschätzen. Es ist heute noch nicht klar, ob oder was die Amerikaner allenfalls weiterfinanzieren und was die jeweiligen Länder selber kompensieren können. Im Moment ist das Hauptproblem die Planungsunsicherheit. Man nimmt an, dass die Therapieversorgung über die Kliniken weiterläuft, die Begleitprogramme jedoch massiv gekürzt werden könnten. Dabei geht es um Aktivitäten in der Gesellschaft, bei wichtigen Betroffenengruppen sowie bei Patienten, welche sich nicht mehr in der Klinik melden.
Der verantwortliche Forschungsleiter meint: «Auch diese Krise ist eine Chance. Man kann sich nun überlegen, was wirklich wirksam und kosteneffizient ist. Die historisch gewachsenen HIV-Programme haben teilweise überholte Strukturen und Ansätze, die wir nun überdenken können.»
Die Situation sei katastrophal und ein Scherbenhaufen. Er möchte sich aber nicht aufs Jammern beschränken, sondern innovativ sein und neue, noch bessere Programme aufbauen. Die Krise bietet für afrikanische Regierungen auch die Gelegenheit, das Steuer selbst in die Hand zu nehmen.
Gewisse Länder werden gestärkt aus der Krise gehen. Natürlich werden in Ländern mit einem schwachen Gesundheitswesen die HIV-Programme besonders leiden. Das heisst dann „mehr HIV-Übertragungen und HIV-bedingte Todesfälle. Er rechnet aber damit, dass wir nicht in die Situation von vor 20 Jahren zurückfallen werden.
Dazu ein Radio-Interview mit Niklaus Labhardt, Präsident von SolidarMed, vom 10. April 2025 mit SRF1
David Haerry / Mai 2025
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