Seit 1985 erfasst die Schweiz HIV Neudiagnosen. Was fällt an den im Oktober veröffentlichten Zahlen aus dem Jahr 2017 auf?
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Ein starker Rückgang der Neudiagnosen bei HIV auf ein Rekordtief von 445 Meldungen, entsprechend minus 16% im Vergleich zum Vorjahr.
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Eine leichte Zunahme von Syphilis und Chlamydien. Syphilis wurde deutlich häufiger getestet.
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Gonorrhöe: 2017 wurde eine neue Messmethode angewandt. Die Zahlen sind nicht mit dem Vorjahr vergleichbar
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Es wurden keine multiresistenten Gonokokken gemeldet.
Das Bundesamt begründet den Rückgang der HIV-Neudiagnosen mit den Präventionsbemühungen der vergangenen Jahre und mit der früher einsetzenden Therapie. Damit macht man sich die Sache gar einfach. Die Präventionsbemühungen sind natürlich wichtig. Aber machte man 2017 etwas anders als in den 30 Jahren vorher? Zweifel sind erlaubt. Wurde 2017 früher als vorher therapiert? Nein, früher therapiert man in der HIV-Kohorte seit 2008. Damals, 2008, gingen die Neudiagnosen letztmals massiv zurück.
Was war denn 2017 anders als früher? Die einzige Änderung bezieht sich auf die PrEP. Eine Umfrage auf digitalen Dating Applikationen im Januar 2017 zeigt, dass in der Schweiz ca 1‘000 schwule Männer beim Sex mit einer Prä-Expositionsprophylaxe unterwegs sind. Das ist ein Quantensprung im Vergleich zu früher. Umfragen bei der Ärzteschaft zeigen auch, dass die PrEP einfacher und öfter verschrieben wird. Bei den Checkpoints wird die PrEP viel häufiger nachgefragt und ist auch einfacher zugänglich; und das Universitätsspital Zürich hat gar eine PrEP Sprechstunde eingeführt. Wo auch immer die PrEP zugänglich ist, gehen die Neudiagnosen massiv zurück – siehe Deutschland, Frankreich, London und Australien.
Warum so zurückhaltend, liebes BAG? Diese Entwicklung wäre doch eine Gelegenheit, das Kind beim Schopf zu packen und die PrEP noch besser zu implementieren und zu verankern. Man müsste also etwas tun, und das bedeutet „Arbeit“. Liegt etwa dort das Problem?
David Haerry / November 2018