Neues von der HIV-Kohortenstudie: Veränderungen des Body-Mass-Index und klinische Ergebnisse nach Beginn einer modernen antiretroviralen Therapie

AIDS, Bannister W et al.

Im Zeitalter der modernen medikamentösen HIV-Therapie kommt es bei Menschen mit HIV immer häufiger zu einer Gewichtszunahme. Wahrscheinlich hängt diese Gewichtszunahme mit mehreren Faktoren wie veränderten Lebensgewohnheiten, demografischen Veränderungen und einer höheren Lebenserwartung zusammen und könnte auch durch die Verwendung neuer Generationen von antiretroviralen Medikamenten beeinflusst werden.

Frühere Studien haben einen Zusammenhang zwischen Übergewicht und einem erhöhten Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowohl in der Allgemeinbevölkerung als auch bei Menschen mit HIV gezeigt. Darüber hinaus könnte Fettleibigkeit auch das Krebsrisiko und allgemein die Sterblichkeit erhöhen.

Ziel dieser Studie war es, Gewichtsveränderungen und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit im Zeitalter der modernen antiretroviralen Therapie zu analysieren. Zu diesem Zweck griffen die Autoren auf die medizinischen Daten von Menschen mit HIV zurück, die an der EuroSIDA-Kohorte teilnahmen. Diese Studienkohorte umfasst mehr als 23’000 Menschen mit HIV ab 18 Jahren, die in 118 Kliniken in 39 Ländern in Europa und Argentinien betreut wurden.

Die Autoren schlossen zwischen dem 1. Januar 2010 und dem 31. Dezember 2019 Menschen mit HIV ein, die mit der Einnahme eines neuen antiretroviralen Medikaments begannen, dem sie zuvor noch nie bekommen hatten. Die untersuchten Gewichtskategorien wurden nach den WHO-Kriterien definiert: Untergewicht, gesundes Körpergewicht, Übergewicht und Personen, die mit Fettleibigkeit leben. Die Studie beobachtete das Auftreten verschiedener Gesundheitsprobleme – Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes und allgemein die Sterblichkeit.

Zu Beginn der Studie hatten 8% der Menschen mit HIV noch nie antiretrovirale Medikamente eingenommen, 5% waren untergewichtig, 60% hatten ein gesundes Gewicht, 28% waren übergewichtig und 8% waren fettleibig. Während der Nachbeobachtungszei stieg der Anteil der Teilnehmer mit Übergewicht um 8 % und der Anteil derjenigen, die mit Adipositas lebten, um 5%.

Im Studienzeitraum traten 100 Herz-Kreislauferkrankungen, 149 Krebserkrankungen, 144 Diagnosen von Diabetes und 257 Todesfälle auf.

Im Vergleich zu einem stabilen Gewicht war eine Gewichtszunahme mit einem erhöhten Risiko für Diabetes verbunden, während eine Gewichtsabnahme um mit einem erhöhten Risiko für Tod aus anderen Ursachen verbunden war. Die Autoren stellten keinen Zusammenhang zwischen Gewichtsveränderungen und dem Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs fest.

Die Autoren erwähnen schliesslich, dass die Beobachtung einer größeren Anzahl von Menschen mit HIV über einen längeren Zeitraum notwendig ist, um die Auswirkungen bestimmter antiretroviraler Medikamente auf das Gewicht zu untersuchen.

Zusammenfassend zeigt die Studie, dass Gewichtserhöhungen mit einer Zunahme von Diabetes einhergeht. Frühere Studien haben das bereits gezeigt. Eine Gewichtsabnahme ist mit einer erhöhten Sterblichkeit verbunden, was sich möglicherweise durch eine schwere Erkrankung mit Gewichtsverlust und möglicherweise durch Unterschiede bei Präventionsmassnahmen je nach Körpergewicht erklären lässt. Es wurde kein bedeutender Zusammenhang zwischen Gewichtsveränderungen und Herzkreislauferkrankungen gefunden. Die Analysen ergaben aber einige Hinweise auf eine höhere Rate bei untergewichtigen Personen.


Kommentar Positivrat

David Haerry 

Diese Studie hat 23’000 Menschen mit HIV während durchschnittlich 4,5 Jahren beobachtet. Wir sehen, dass übergewichtige Menschen mit HIV ein grösseres Diabetesrisiko haben. Ein höheres Risiko für Herzkreislauferkrankungen wurde nicht festgestellt. Interessant ist auch, dass eine Gewichtsabnahme mit einer höheren Sterblichkeit verbunden ist. Eventuell ist der Grund eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes über einen längeren Zeitraum. Was offenbar zuwenig untersucht wurde, ist die Entwicklung der Lebergesundheit. Dazu braucht es eine weitere Untersuchung oder eine längere Beobachtungszeit.

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