Langzeittherapie bei HIV: Injektionen, Antikörper und neue Ansätze – Highlights der CROI 2025

Auf der internationalen Konferenz CROI 2025, die im März in San Francisco stattfand, präsentierten Forschende zentrale Fortschritte in der HIV-Therapie. Der übergreifende Trend: ein Wandel von der täglichen Einnahme hin zu langwirksamen Therapien. Immer mehr Studien zeigen, dass Injektionen, Antikörper und langwirksame Tabletten eine stabile Virussuppression über Wochen oder sogar Monate ermöglichen können.

Das bedeutet nicht, dass klassische HIV-Therapien überholt sind – sie bleiben weiterhin die Basis der Behandlung. Aber es entstehen neue Optionen, die seltener eingenommen werden müssen und sich besser in den Alltag der Betroffenen integrieren lassen. Für einige Menschen eröffnen sich damit auch Chancen auf eine langanhaltende Remission ohne tägliche Medikamente.

Bildernachweis: Alex Schneider

Eine Injektion alle zwei Monate – 4 Jahre Erfahrung und klare Ergebnisse

Die langwirksame Kombination aus Cabotegravir und Rilpivirin (CAB/RPV) ist in den USA seit 2021 zugelassen und wird mittlerweile seit vier Jahren in der Praxis eingesetzt – mit stabilen Ergebnissen.

Die Medikamente werden alle zwei Monate intramuskulär injiziert und sind für Menschen mit unterdrückter Viruslast vorgesehen. Die Langzeitdaten sprechen für sich: In der OPERA-Studie mit rund 3000 Teilnehmenden konnten 83 % eine unterdrückte Viruslast beibehalten, nur 1 % erlitt ein virologisches Versagen, und 90 % erhielten ihre Injektionen pünktlich.

Neuere Daten zeigen zudem, dass CAB/RPV auch bei Menschen mit aktiver Viruslast wirksam sein kann – also nicht nur zur Erhaltung, sondern auch zur Initialbehandlung. Bei 13 von 17 Teilnehmenden mit nachweisbarer Viruslast fiel diese unter 200 Kopien/ml, bei 12 sogar unter die Nachweisgrenze von 50 Kopien/ml.

Mehrere Beobachtungsstudien aus den USA, die auf der CROI 2025 vorgestellt wurden, bestätigten: Langwirksame Injektionen können selbst dann erfolgreich sein, wenn die Viruslast beim Start noch messbar ist – vor allem bei Menschen mit mangelnder Therapietreue, Drogenkonsum, instabiler Wohnsituation oder sozialer Belastung.

In San Francisco erreichten über 97 % der Personen mit aktiver Viruslast nach 24 Wochen eine Virussuppression.

In einer Klinik in Atlanta wurde bei 92 % der Betroffenen bereits nach ein bis zwei Injektionen ein deutlicher Rückgang der Viruslast beobachtet.

In New York hingegen waren die Ergebnisse bei vergleichbaren Patientengruppen weniger eindeutig – was zeigt, wie wichtig strukturierte Begleitung und Unterstützung bei solchen Therapien ist.

Auch die CARES-Studie aus Südafrika zeigte, dass langwirksame Injektionstherapie mit CAB/RPV in unterschiedlichen Versorgungskontexten erfolgreich sein kann. Bei über 500 Menschen mit stabiler Virusunterdrückung war die Wirkung der Injektionen über 96 Wochen vergleichbar mit der täglichen oralen Therapie – ein weiterer Beleg dafür, dass diese Behandlungsform auch in ressourcenbegrenzten Regionen gut funktionieren kann.

Diese Ergebnisse legen nahe, dass CAB/RPV als Injektion nicht nur bequem, sondern für manche Menschen sogar die bessere Option gegenüber täglicher Tabletteneinnahme sein kann – sofern entsprechende Betreuung vorhanden ist.

HIV unter Kontrolle: Sechs Monate ohne Tabletten, Antikörper statt Dauermedikation

Neben CAB/RPV, das alle zwei Monate verabreicht wird, wurden auf der CROI 2025 auch neue Therapien mit längeren Abständen zwischen den Anwendungen vorgestellt – mit Injektionen nur zweimal im Jahr.

Eine Kombination aus Lenacapavir und den Antikörpern TAB/ZAB, die halbjährlich injiziert wird, führte bei 96 % der Teilnehmenden zu einer stabilen Virussuppression. Das macht Hoffnung auf Therapien mit minimalem Aufwand und maximaler Wirkung.

Auch monoklonale Antikörper rücken stärker in den Fokus. Die Kombination TMB-365/TMB-380 zeigte in Studien eine Viruskontrolle bei 94 % der Teilnehmenden, ohne relevante Nebenwirkungen – und das ganz ohne Begleitmedikation.

Zukunft der HIV-Therapie: Neue Substanzen auf dem Weg

Neben den etablierten Therapien präsentierte die CROI 2025 auch neue Wirkstoffe und Wirkmechanismen, die das Potenzial haben, die HIV-Therapie in den kommenden Jahren weiterzuentwickeln.

Neue Ansätze in der Entwicklung

Einige der vorgestellten Substanzen befinden sich noch in frühen Phasen der klinischen Forschung:

  • VH-499 – ein Kapsid-Inhibitor, der den Zusammenbau und die Replikation des Virus verhindert. Bereits in den ersten Tagen der Behandlung wurde eine deutliche Reduktion der Viruslast beobachtet.
  • VH-184 – ein Integrase-Inhibitor der dritten Generation mit Aktivität gegen resistente Virusstämme.
  • IMC-M113V – ein bispezifischer Antikörper, der latent infizierte Zellen erkennen und angreifen soll. Erste Studien zeigen, dass er das Wiederauftreten des Virus nach Therapieende verzögern könnte.

 

Kandidaten kurz vor der Anwendung

Ein anderer vielversprechender Kandidat steht bereits kurz vor der Zulassung:

  • Islatravir/Doravirin (oral) – eine wöchentliche Tablettenkombination, die nach einer Sicherheitsüberprüfung wieder in Phase-3-Studien getestet wird. Erste Ergebnisse deuten auf eine gute Verträglichkeit und stabile Virusunterdrückung hin.

Diese Entwicklungen zeigen: Die Zukunft liegt in stabilen, individuell anpassbaren und möglichst selten anzuwendenden Therapien.

Ein weiterer Hoffnungsschimmer:

Auf der CROI 2025 wurden zwei neue Fälle von Menschen vorgestellt, die eine anhaltende Virusfreiheit ohne antiretrovirale Therapie erreicht haben – ein Zustand, der auch als funktionelle Remission bezeichnet wird.

Dazu gehören der sogenannte „Chicago-Patient“, der nach einem ersten Rückfall inzwischen seit zehn Monaten ohne Medikamente lebt, sowie der „Oslo-Patient“, der seit zweieinhalb Jahren therapiefrei ist. Beide erhielten Stammzelltransplantate von Spendern mit der seltenen CCR5-Δ32-Mutation. Auch wenn solche Behandlungen derzeit nur bei Krebspatienten infrage kommen, liefern sie wertvolle Erkenntnisse über mögliche Wege zu einer langfristigen Heilung.

Fazit: Von täglicher Einnahme zu langwirksamen Lösungen

Die CROI 2025 machte deutlich: Die HIV-Therapie entwickelt sich weiter – in Richtung längerer Wirksamkeit, weniger und weniger häufige Einnahmen sowie mehr Lebensqualität.

  • Injektionen alle zwei Monate – bereits Realität
  • Langzeitschemata alle sechs Monate – in greifbarer Nähe
  • Antikörper und neue Wirkstoffe – für dauerhafte Remissionen ohne tägliche Medikamente

Die HIV-Therapie wird nachhaltiger, anpassungsfähiger und weniger belastend – und das ist keine Zukunftsmusik mehr. Es ist bereits Realität.

Alex Schneider / Mai 2025

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