Im Dezember 2017 hat Nationalrat Angelo Barrile eine Interpellation zur PrEP eingereicht. Wir freuen uns, dass wir ihm dazu ein paar Fragen stellen durften.

Die Begründung Ihrer Interpellation ist öffentlich einsehbar. Trotzdem interessiert es uns, was Sie zu diesem Schritt bewogen hat.
Barrile: Nachdem die Neuinfektionsrate mit HIV während Jahren abgenommen hat, stagniert sie in der Schweiz seit einigen Jahren auf einem Niveau von ca. 500 pro Jahr. Studien und Erfahrungen aus anderen Ländern weisen darauf hin, dass mit der Präexpositionsprophylaxe (PrEP) eine zusätzliche und wirksame Prophylaxe zur Verfügung steht. Leider ist der Zugang in der Schweiz immer noch mit zu hohen Hürden verbunden: Das Medikament ist deutlich teurer als in unseren Nachbarländern, es gibt in der Schweiz (noch) keine günstigeren Generika und der Hersteller hat in der Schweiz keine Zulassung für das Medikament als PrEP beantragt, weshalb es dafür gar nicht zugelassen werden kann. Mit meiner Interpellation wollte ich beim Bundesrat nachhaken, wie weit die Empfehlungen der Eidgenössischen Kommission für sexuelle Gesundheit (EKSG) umgesetzt werden.

Sie konnten etliche Ratsmitglieder als Mitunterzeichner gewinnen. War das einfach oder mussten Sie Überzeugungsarbeit leisten?
Barrile: Es war ziemlich einfach. Sobald ich den einzelnen Kolleg_innen erklärt hatte, worum es inhaltlich geht, waren sie zur Mitunterzeichnung bereit. Das hat mich sehr gefreut. Was jedoch auch schnell klar wurde: Ausserhalb der LGBTI-Community ist bisher kaum bekannt, was PrEP genau ist.

Der Bundesrat hat Ihre Interpellation am 21. Februar 2018 offiziell beantwortet. Sind Sie damit vorerst zufrieden, oder fehlt Ihnen noch etwas?
Barrile: Die Antwort hat aufgezeigt, dass der Bundesrat einige Abklärungen getroffen hat beziehungsweise Schritte in die Wege geleitet wurden. Es wurde jedoch ebenfalls klar: Dem Bundesamt für Gesundheit und dem Bundesrat sind für weitere Schritte vorerst die Hände gebunden. Und zwar solange, bis der Hersteller in der Schweiz eine Zulassung des Medikamentes zur PrEP beantragt. Und der Patentschutz lässt aktuell keine Generika, also günstigere Produkte mit demselben Wirkstoff, zu.

Die Diskussion im Nationalrat wurde am 16. März 2018 verschoben. Wann erwarten Sie diese?
Barrile: Ich erwarte in nächster Zeit im Nationalrat keine Diskussion zu meiner Interpellation. Die Traktandenliste ist äusserst lang und viele Vorstösse werden auch gar nie diskutiert, weil sie nach 2 Jahren abgeschrieben werden.

Möchten Sie noch etwas sagen zum Thema?
Barrile: Wie bereits oben erwähnt besteht in der Schweiz bezüglich PrEP noch grosser Handlungsbedarf. Es scheint mir sehr wichtig, dass in der Schweiz die Diskussion und die damit verbundene „Aufklärungsarbeit“ deutlich breiter intensiviert wird. Nur wenn die PrEP und ihr nachgewiesener Nutzen bekannter werden, können die Verantwortlichen auch ausserhalb der Politik (wie beispielsweise Fachpersonen, Organisationen und Hersteller) dafür sorgen, dass die internationalen Empfehlungen auch in der Schweiz umgesetzt werden.

 

Interview David Haerry / Mai 2018