Newsflash POSITIV Dezember/2021

EDITORIAL

Zum Welt-Aids-Tag 2021

Wir melden uns mit einer kleineren Ausgabe zum Welt-Aids-Tag. Ein weiteres Mal geht dieser in einer Corona-Newslawine unter.

Endlich ist die unsägliche Debatte ums Covid-Gesetz vorerst beendet. Noch selten haben wir eine Abstimmungskampagne gesehen, wo es gar nicht um den Inhalt des betreffenden Gesetzes ging – wer will eigentlich keine Wirtschaftshilfen, Überbrückungskredite oder Schutzmassnahmen? Und wir haben eine Regierungspartei, welche seit Anbeginn alles tut, um die Covid-Seuche für ihre Zwecke zu nutzen. Man ruft «Spaltung der Gesellschaft!» und ist selber auf dem Gaspedal der Spalterei. Zweck der Übung: Man will die Unzufriedenen und die Treichler bewirtschaften und im eigenen Wählerstamm behalten. Sogar für einige Kantonalparteien hat die SVP damit den Bogen überzogen.

Dabei hatten es sogar die Abstimmungsemotionen in der Endphase schwer – eine neue Mutation des Coronavirus, genannt Omikron, sorgt seit ein paar Tagen für Aufregung. In Menschen mit geschwächtem Immunsystem kann das Coronavirus SARS-CoV-2 besonders oft mutieren. In Südafrika, wo die Mutation entdeckt wurde, leben sehr viele Menschen mit HIV, die nicht optimal behandelt sind. Deshalb vermuten jetzt einige Experten, dass diese spezielle Variante mit sehr vielen Mutationen in Menschen mit HIV entstanden sein könnte. Wie gefährlich sie wirklich ist, und ob all die hektischen neuen Massnahmen gerechtfertigt sind, bleibt abzuwarten.

Für Menschen mit HIV in der Schweiz ist es jetzt wichtig, dass sie bald eine Booster-Spritze bekommen und nebenbei auch die Grippe impfen. Auch wenn es gerade nicht so gut aussieht: Einen so schlimmen Winter wie den letzten sollten wir nicht mehr erleben. Und wer Menschen in seinem Umfeld hat, die sich schwertun mit dem Impfen: Nehmen wir uns Zeit für sie, hören wir die Ängste an – die wenigsten sind nämlich richtige Impfgegner. Die meisten sind einfach überfordert. Die monatelange, tägliche Newslawine mit Experten im Adrenalinüberschuss und offensichtlich überforderte Politiker: Irgendwann stellt es bei vielen einfach ab. Genug ist genug. Wenn wir uns jetzt von einer fünften Welle nochmals überraschen lassen, dann ist es ein deutliches Zeichen des Versagens auf vielen Ebenen.

Wir erinnern uns heuer an «40 Jahre HIV», und ich hatte mir eingebildet, wir hätten aus der damaligen Epidemie viel gelernt. In diesem Land hatten wir Mitte der 1980er Jahre eine hervorragende Prävention und Betreuungsinstrumente aufgebaut, wir haben eine Sprache gefunden, welche die Menschen und die Betroffenen mitnahm und nicht ausgrenzte. Wenn wir heute um uns schauen, ist von diesem Wissen nicht viel geblieben. Sicher, der Covid-Sturm ist noch viel heftiger als damals bei HIV. Aber weil dem so ist, müssten wir uns noch viel besser überlegen, wie wir mit den Menschen und unserer Gesellschaft umgehen. Die jetzige Krise hat das Vertrauen zwischen Menschen, Institutionen und der politischen Führung schwer erschüttert. Der Epidemiologe Marcel Tanner hat es mit seiner Erfahrung aus Afrika und Asien auf den Punkt gebracht: Der Faktor Mensch ist entscheidend in der Seuchenbekämpfung. Vor bald 40 Jahren wussten wir das hier in der Schweiz offenbar besser als heute – das stimmt mich traurig und nachdenklich.

David Haerry / Dezember 2021

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