Zürich, 28. März 2013

 

Ende der Diskriminierung von Menschen mit HIV in Privatversicherungen in Sicht?

Lebensversicherungen für Menschen mit HIV sind keine Utopie mehr: Eine aktuelle Studie kommt zum Ergebnis, dass über 50 Prozent der Menschen mit HIV eine Lebensversicherung abschliessen könnten. Denn die meisten HIV-positiven Menschen haben unter antiretroviraler Therapie eine nahezu normale Lebenserwartung. Damit ist der generelle Ausschluss von Menschen mit HIV aus der Lebensversicherung nicht mehr länger gerechtfertigt.  

Heute werden Menschen mit HIV im Bereich der Privatversicherungen massiv diskriminiert. Ein Antrag auf eine Lebensversicherungspolice einer HIV-positiven Person wird in den meisten Fällen kategorisch abgewiesen. Dies, obwohl sich die Lebenserwartung von Menschen mit HIV dank der antiretroviralen Medikamente derjenigen der Allgemeinbevölkerung angeglichen hat. Auch Krankenzusatzversicherungen oder Einzeltaggeldversicherungen bleiben HIV-Positiven verwehrt, obwohl über 70 Prozent dieser Menschen einer Erwerbstätigkeit nachgehen und kaum häufiger krank sind als ihre Arbeitskollegen. Ein pauschaler Ausschluss von Menschen mit HIV von einer Lebensversicherung und anderen Versicherungsleistungen ist deshalb nicht mehr gerechtfertigt.  

Zu diesem Schluss kommt auch eine aktuelle Studie, die in der Fachzeitschrift AIDS publiziert wurde. Die Autoren verglichen die Daten verschiedener europäischer Länder bezüglich Lebenserwartung von Menschen mit HIV mit Personen, die eine Lebensversicherung abgeschlossen hatten. Die Resultate zeigen, dass die Sterblichkeit von Menschen mit HIV vergleichbar ist mit derjenigen von Personen mit anderen chronischen Krankheiten, wie zum Beispiel Diabetes. Das macht das Leben von über 50 Prozent der Menschen mit HIV versicherbar.

 

Lebensversicherungen mit einer Laufzeit von 20 Jahren

Laut der Studie ist es nicht mehr gerechtfertigt, Menschen mit HIV generell Versicherungsprodukte vorzuenthalten. Den meisten HIV-positiven Menschen könnten Lebensversicherungen über eine Laufzeit von 20 Jahren angeboten werden. Die Autoren werden die Versicherungsindustrie über ihre Ergebnisse orientieren und erhoffen sich eine Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit HIV. Damit rückt der Traum vom Eigenheim oder dem eigenen Geschäft auch für Menschen mit HIV in greifbare Nähe, denn dafür braucht es heute als Garantie in der Regel eine Lebensversicherung.  

Die Aids-Hilfe Schweiz und der Positivrat fordern die Versicherungen auf, von ihrer diskriminierenden Praxis abzukehren und Menschen mit HIV gleich zu behandeln wie andere Bevölke-rungsgruppen, welche heute bereits Lebensversicherungen abschliessen können. Ebenso fordern sie die Versicherer auf, ihre Praxis beim Abschluss von Krankentaggeldversicherungen und Krankenzusatzversicherungen zu revidieren.

 

Details zur Studie:

Die in der medizinischen Fachzeitschrift AIDS publizierte Studie schätzte die relative Sterblichkeit sechs Monate nach Beginn der antiretroviralen Therapie und verglich sie mit der versicherten Bevölkerung in jedem Land der beteiligten europäischen Kohorten, welche der ART Cohort Collaboration angeschlossen sind. Die relative Mortalität von 20-39 jährigen Patienten welche nach sechs Monaten Therapie eine CD4-Zellzahl über 350/mm3 und Virenlast unter 1‘000 erreichten und keine Aids-Diagnose haben betrug 459 Prozent. Die Sterblichkeit ist damit vergleichbar mit anderen chronischen Krankheiten, welche eine lebenslängliche Medikation brauchen, wie zum Beispiel Diabetes. Der Einfluss von HIV auf die Lebenserwartung ähnelt damit demjenigen des Rauchens. Über 50 Prozent der Menschen mit HIV würden sich aufgrund der Studienergebnisse für eine Lebensversicherung qualifizieren.

Link zur Studie

 

Für weitere Informationen:

Dr. Harry Witzthum, Mitglied der Geschäftsleitung der Aids-Hilfe Schweiz,  
Tel.: 079 794 64 91, E-Mail: harry.witzthum@aids.ch  

Dominik Bachmann, Sekretär Positivrat Schweiz,  
Tel.: 076 576 36 64, E-Mail: dominik.bachmann@positivrat.ch