Nachdem in gewisser Weise bereits ein möglichst früher Einsatz der ART ein sehr effizientes Mittel ist, Neuinfektionen zu reduzieren, könnte das Feuer nun auch in den letzten ‚Infektionsherden‘ zum Erlöschen gebracht werden.

Wir müssen heute einsehen, dass es für einige promisk lebende Männer (meist MSM, auch MSW) sehr schwierig ist, sich an die klassischen Safer Sex-Regeln zu halten. Häufig spielen auch Partydrogen eine wichtige Rolle (ChemSex). Es liegt nicht in unserem Ermessen, dies zu qualifizieren. Lange gab es für dieses Setting keine Strategien, heute gibt es aber die äusserst effiziente PrEP. Vor allem aus London, Paris und den USA gibt es eine zunehmende Zahl neuer Erfahrungswerte, die die Möglichkeiten der PrEP klar zeigen. Durch die prophylaktische Einnahme von Truvada (einem Kombipräparat, das bekanntlich auch als Element einer regulären ART eingesetzt werden kann) wird die Übertragungskette für das HI-Virus unterbrochen. Es geht darum, speziell denen, die inadäquate Risikostrategien haben, ein hocheffizientes Prophylaxeinstrument zur Verfügung zu stellen. Es hat sich in diversen Studien gezeigt, dass dies wesentlich effizienter ist als eine kondomorientierte Prävention. Das macht vor allem aus der Perspektive Sinn, dass damit mittelfristig die Prävalenz in der Community gesenkt werden kann. Der Einwand, dass dies nur für HIV und nicht für die anderen STI funktioniert, ist absolut berechtigt, andererseits ändert sich ja am Risikoverhalten dieser eng definierten Gruppe eh nichts, es ist also kein Anstieg der anderen bakteriellen oder viralen STI zu erwarten.

Wir fordern aus diesen Gründen von unseren Behörden und Organisationen (BAG, Swissmedic, SantéSuisse) ein unkompliziertes Zulassungsprozedere und eine akzeptable Verrechnungspraxis für Truvada im Sinne einer PrEP. Die Krankenkassen müssen einsehen, dass es entgegen ihrer eigentlichen Aufgabe, nur konkrete Krankheitskosten zu übernehmen, absolut Sinn machen kann, auch präventive Massnahmen zu unterstützen.

In Frankreich nota bene, und teilweise auch in Grossbritannien und den USA ist diese Prävention bereits möglich. Leider ist unser nur auf kurative Techniken ausgelegtes Gesundheitswesen (KVG) in dieser Hinsicht etwas sperrig und nicht dynamisch.

VValo Bärtschi / April 2016