Die Geschichte von Tanja Klein* (43)

„Gemerkt hat er nie etwas, bis vor gut einem Jahr“, erzählt Tanja Klein. Die 43-Jährige hat vor wenigen Monaten ihren Mann verloren. Er starb an einem aggressiven Leberkrebs. Ausgelöst durch eine nicht-diagnostizierte Hepatitis-C-Infektion.

Alles begann im Dezember 2015. „Wir waren vor Weihnachten in München und haben Weizenbier getrunken. Da wurde es ihm zum ersten Mal richtig schlecht“, erzählt Frau Klein. Das Unwohlsein nahm über den Winter zu. „Wir dachten an eine hartnäckige Grippe.“

Ihr Mann war Heizungsmonteur und verrichtete als Handwerker anstrengende körperliche Arbeit. „Gearbeitet hat er immer.“ Doch er hörte auf zu kochen, was er früher immer sehr gerne getan hatte. „Ich dachte, es sei das Alter.“ Im Frühling verzichtete er dann auf eine Töfftour. „Das war sehr ungewöhnlich, mein Mann liebte die Ausfahrten mit seinen Motorradfreunden“, erzählt Tanja Klein.

Im Mai dann waren sie am Bodensee. Er ass eine Currywurst. Und da wurde es ihm wirklich schlecht. Er klagte in der Nacht, hatte Fieber, fror immer „obwohl er zuvor nie ein „Gfrörli“ war“, sagt Frau Klein.

Seine Frau handelte, und besorgte ihm einen Termin beim Hausarzt. „Männer gehen ja weniger rasch zum Arzt.“ Ein Bluttest zeigte erhöhte Leberwerte. Danach wurde ein Ultraschall gemacht und nach drei Tagen ein Computertomogramm. Die Diagnose war rasch gestellt: Ein Leberkrebs, der Tumor war 10 Zentimeter gross, zudem eine Hepatitis-C-Infektion. Die Leber war wegen des Hepatitis-C-Virus zirrhotisch, zeigte also bereits Vernarbungen. „Die Ärzte sagten, es wäre ein Wunder, dass die Leber trotz ihres Zustandes noch so lange so gut funktionierte.“

Der behandelte Arzt erklärte, dass ihr Mann die Hepatitis-C-Infektion, die den Tumor ausgelöst hat, wohl schon jahrzehntelang in sich trug, unbemerkt. Wann sich ihr Mann mit Hepatitis C angesteckt hatte, ist unklar. „Er war in den 80er Jahren zwei Mal im Spital. Mit Nierensteinen und mit einem Beckenbruch.“ Ob er damals Blut bekommen hatte, wusste er nicht. Ihr Mann hatte nie Kontakt mit Drogen gehabt.

Durch die Vernarbungen in der zirrhotischen Leber konnte das Blut nicht mehr richtig zirkulieren. Es kam zu Blutstauungen.  In der Folge bildeten sich Krampfadern in der Speiseröhre, die leicht rissen: „Mein Mann hat einmal zwei Liter Blut gespuckt.“ Zudem sammelte sich Wasser im Bauch an.

Der Tumor war aggressiv. Die Ärzte konnten nicht mehr viel tun. Eine Lebertransplantation kam nicht mehr in Frage, dafür war der Krebs zu weit fortgeschritten. Er liess sich in eine Klinik mit palliativer Versorgung einweisen und verbrachte die letzten Lebensmonate dort.

Er magerte sehr schnell ab. Nahrung konnte er kaum mehr zu sich nehmen. „Doch die Klinik hat sehr gut zu ihm geschaut. Es war ihm wohl dort“, sagt Frau Klein. Schmerzen hatte er nie. „Die Leber tut ja nicht weh.“ Im Oktober, sechs Monate nach der Diagnose, starb er.

„Ich wusste nicht genau, was eine Hepatitis ist. Ich habe auch erst nach dem Tod meines Mannes begonnen, darüber zu lesen.“ sagt Frau Klein. Sie habe natürlich von Pamela Anderson gehört. Diese sei ja geheilt worden. „Dann denkt man, es ist ja nicht so schlimm.“ Aids sei ihr viel präsenter. „Davon haben wir ja in der Schule gehört, das hat mich geprägt.“

„Es ist verrückt, dass man dann am Fernsehen hört, Menschen ohne Beschwerden solle man nicht behandeln, das ist doch fatal“, sagt Frau Klein. „Der Tod meines Mannes war unnötig.“ Sie spielt damit auf die Aussage des Leiters der Abteilung für übertragbare Krankheiten vom Bundesamt für Gesundheit in einem 10vor10-Bericht an.

Alles ging sehr schnell für sie. „Ich wirke gefasst, doch mein Leben steht momentan Kopf,“ sagt sie. Zum Glück hätte sie eine Familie, die sie stütze. Sie hat eingewilligt, ihre Geschichte zu erzählen, um aufzurütteln. Auch wenn es ihr nicht leicht fällt „Doch das ist wohl im Sinne meines verstorbenen Mannes und dient der Sache. Jeder sollte Zugang zu den heilenden Medikamenten haben. Ich habe erlebt, wie aggressiv dieser Krebs ist.“

*Name aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes geändert