Bartha I et al, “Estimating the Respective Contributions of Human and Viral Genetic Variation to HIV Control”, PLoS Computational Biology, Feb 9 2017
Die HIV-Infektion schreitet bei Personen, welche nicht unter einer HIV-Therapie stehen, unterschiedlich schnell voran. Dies zeigt sich unter anderem darin, dass bei unbehandelten HIV-positiven Personen die Zeit bis AIDS auftritt zwischen 2 Jahren und 20 Jahren schwankt. Ein Marker, um die Schnelligkeit im Voranschreiten der HIV-Infektion abschätzen zu können, ist die HIV-Viruslast gemessen einen Monat nach Infektion. Diesen Marker nennt man setpoint viral load. Je höher der setpoint viral load, desto grösser das Risiko für das Voranschreiten der HIV-Infektion. Die Autoren dieser Studie haben untersucht, durch welche Faktoren der setpoint viral load beeinflusst wird. Das Ergebnis: die Erbfaktoren des Virus haben einen viel grösseren Einfluss auf die Höhe des setpoint viral load als die Erbfaktoren der infizierten Person.
Die Schätzung, in welchem Ausmass die Erbfaktoren von HIV die Höhe des setpoint viral load beeinflussen, schwankt in der Literatur zwischen 6 und 59%. Um diesbezüglich eine genauere Einschätzung machen zu können, haben die Autoren der vorliegenden Studie die Daten von über 2’000 HIV-positiven Personen aus fünf europäischen Ländern untersucht. Im Gegensatz zu früheren Studien, hatten sich die Teilnehmer frisch mit HIV angesteckt und befanden sich im Zeitfenster von 6 bis 24 Monaten nach der Ansteckung. Die Autoren haben den Einfluss der HIV-Erbfaktoren auf den setpoint viral load mit einem mathematischen Modell untersucht, bei dem die Gesamtheit der HIV-Erbfaktoren mittels einer speziellen Labortechnik analysiert wurde.
Die Autoren haben mit ihrem Modell berechnet, dass die Höhe des setpoint viral loads in ungefähr 30% durch die HIV-Erbfaktoren bestimmt wird und dabei einer Schwankung von 15 bis 43% unterliegt. Andere Faktoren, welche den setpoint beeinflussen, sind die Erbfaktoren der infizierten Person («Wirtsfaktoren»), Unterschiede in der Immunantwort der infizierten Person nach HIV-Infektion und mögliche mathematische Messungenauigkeiten.
Zusammenfassend zeigt diese europäische Kohortenstudie, dass rund 30% des setpoint viral loads durch die Erbfaktoren des HI-Virus bestimmt wird. Die Studie zeigt auch, dass es weitere Studien braucht, mit denen das Ausmass der Erbfaktoren auf den setpoint viral load untersucht wird, um Messungenauigkeiten zu berücksichtigen.