Braun DL et al, „High Number of Potential Transmitters Revealed in a Population-based Systematic Hepatitis C Virus RNA Screening Among Human Immunodeficiency Virus-infected Men Who Have Sex With Men”, Clinical Infectious Diseases August 13, 2018

Weltweit nimmt die Zahl der HIV-positiven Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) und sich mit Hepatitis C (HCV) anstecken, deutlich zu. Seit 2008 trat in der Schweiz ein fast zwanzigfacher Anstieg von neuen Hepatitis–C-Infektionen in dieser Übertragungsgruppe auf. Diese Beobachtung entstammt der Schweizerischen HIV-Kohortenstudie (SHCS), deren Teilnehmer routinemässig einmal im Jahr auf HCV mittels Antikörpertest untersucht werden. Wie viele MSM aus der SHCS sich im letzten Jahr mit Hepatitis C infiziert haben und welches die Risikofaktoren für eine HCV Ansteckung waren, lesen sie weiter unten.

Im Rahmen einer schweizweiten Studie untersuchten Forscher aus der SHCS in einer ersten Phase systematisch alle 4’000 HIV-infizierten MSM aus der SHCS mit einem molekularen Testverfahren auf Hepatitis C (HCV RNA = direkter Virusnachweis). Dabei fanden sie 177 HCV-Infektionen. Dies bedeutet, dass fünf Prozent aller MSM in der SHCS mit Hepatitis C infiziert waren. 31 Teilnehmer davon hatten sich im vergangenen Jahr neu mit HCV infiziert («frische HCV Infektion») und die HCV Infektion war noch nicht bekannt. Die übrigen Personen litten an einer chronischen Hepatitis C, welche schon seit längerem bekannt war. Bei allen Teilnehmern, die frisch mit HCV infiziert wurden, führten die Forscher bei der HCV RNA positiven Blutprobe zusätzlich zu dem molekularen Testverfahren den Antikörpertest durch, welcher in der Routine als HCV Suchtest durchgeführt wird. In einem Drittel der Fälle war der Antikörpertest zum Zeitpunkt des positiven molekularen Tests noch negativ.

In einem weiteren Schritt wurden die Risikofaktoren für eine erfolgte Ansteckung mit HCV ermittelt. Es wurde herausgefunden, dass Personen, welche in der Vergangenheit Drogen über die Venen gespritzt hatten oder Drogen über andere Wege konsumiert hatten, häufiger mit HCV infiziert waren als Personen, welche Drogenkonsum verneinten. Weitere Risikofaktoren, welche mit dem Vorliegen einer HCV Infektion vergesellschaftet waren, beinhalteten ungeschützten Geschlechtsverkehr mit Gelegenheitspartnern, eine früher erfolgte Syphilisinfektion und erhöhte Leberwerte in der Blutuntersuchung.

Zusammenfassend hat die Studie aufgrund der systematischen Durchtestung aller MSM in der SHCS mittels HCV RNA zum ersten Mal exakt ermitteln können, wie viele MSM mit Hepatitis C infiziert sind. Ein beträchtlicher Anteil der diagnostizierten HCV Infektionen waren frisch und die Betroffenen hatten sich erst kürzlich angesteckt. Die Studie hat auch gezeigt, dass mit dem im Routineverfahren durchgeführten Antikörpertest bis zu einem Drittel dieser frischen HCV Infektionen erst verzögert diagnostiziert werden. Bei Leuten ausserhalb der SHCS würden diese Infektionen wohl verpasst, da dort kaum ein jährlicher HCV Suchtest stattfinden wird. Dies kann dazu führen, dass der Betroffene in Unwissen seiner HCV Infektion die Erkrankung auf andere überträgt und die Übertragungskette somit fortgeführt wird. Die Forscher schliessen deshalb aus der Studie, dass bei MSM mit Vorliegen der ermittelten Risikofaktoren für eine HCV Infektion zukünftig der molekulare Test (HCV RNA) anstelle des Antikörpertests durchgeführt wird. Zudem empfehlen sie, dass HCV infizierte MSM mit sexuellem Risikoverhalten möglichst rasch nach Diagnosestellung behandelt werden, damit die Infektion nicht auf weitere Personen übertragen werden kann.


Kommentar Positivrat

David Haerry

Diese Studie wird in der Schweiz noch zu reden geben. Den sexuell aktiven Schweizer MSM ist offenbar zu wenig bewusst, wann und wie sie sich der Gefahr einer Hepatitis-C Infektion aussetzen. Zwar ist eine Hepatitis C innert weniger Wochen heilbar, aber diese Kur kostet rund 30‘000 Franken. Die Sekundärprävention muss sich die Finger schmutzig machen und zwar rasch!