Clinical Infectious Diseases

Kovari et al., HCV und nicht leberbedingte Sterblichkeit

Eine Hepatitis C Virus (HCV) Infektion bei HIV-infizierten Menschen ist häufig und betrifft bis zu 30% der HIV-infizierten Personen. Die chronische HCV-Infektion ist mit einer Vielzahl von nicht leberbedingten Erkrankungen vergesellschaftet wie zum Beispiel Lymphdrüsenkrebs und Autoimmunerkrankungen. Neuere Studien zeigen zudem, dass eine chronische HCV-Infektion möglicherweise auch das Risiko für Herzkreislauferkrankungen oder einen Diabetes erhöht. Zugleich wurden in den vergangenen Jahren neue, hochwirksame Medikamente gegen HCV auf den Markt zugelassen (sogenannte direct-acting agents; DAAs), welche eine HCV-Infektion in den allermeisten Fällen zu heilen vermögen. Die Autorengruppe um Dr. Kovari hat in der vorliegenden Studie untersucht, inwiefern eine HCV-Infektion zu der nicht leberbedingten Sterblichkeit beiträgt und ob eine Heilung der HCV-Infektion zu einer Abnahme von nicht leberbedingten Krankheiten und deren Sterblichkeit beiträgt. Für die nachfolgende Analyse wurden 2’503 HIV/HCV-infizierte Personen eingeschlossen und mit 2’503 HIV-infizierten/HCV-negativen Personen verglichen. Die Studiendauer betrug über acht Jahre. Die HCV-Behandlung bestand in 90% der HCV-behandelten Personen nicht aus den neuen, hochwirksamen DAAs, sondern noch aus der alten Generation an HCV-Medikamenten und somit meistens Interferon in Kombination mit Ribavirin.

Die Analysen zeigten, dass HCV-infizierte Personen ein deutlich erhöhtes Risiko für Lebererkrankungen, Nierenerkrankungen und für eine verminderte Knochendichte sowie eine erhöhte Sterblichkeit aufwiesen im Vergleich zu nicht HCV-infizierten Personen. Die Autoren fanden hingegen kein erhöhtes Risiko bei HCV-infizierten Personen für Diabetes, Herzkreislauferkrankungen, nicht AIDS-bedingten Krebsen und für eine nicht leberbedingte Sterblichkeit. Patienten, welche gegen HCV behandelt wurden, ohne dass diese Behandlung jedoch zu einer Heilung führte, wiesen ein höheres Risiko für Lebererkrankungen und Diabetes auf im Vergleich zu den Patienten, welche durch die HCV-Behandlung geheilt werden konnten. Patienten ohne HCV-Behandlung hatten zudem ein leicht erhöhtes Risiko für Nierenerkrankungen, Herzkreislauferkrankungen und nicht AIDS-bedingten Krebsarten im Vergleich zu den geheilten Patienten, jedoch war dieses Risiko statistisch nicht signifikant.

Zusammenfassend zeigt diese Studie zwei Dinge: erstens haben HCV-infizierte Personen ein erhöhtes Risiko für Leber-und Knochenerkrankungen und zwar unabhängig davon, ob die HCV-Infektion behandelt ist oder nicht. Zweitens haben unbehandelte HCV-Patienten ein erhöhtes Risiko für Diabetes und ein leicht erhöhtes Risiko für Herzkreislauferkrankungen. Eine Behandlung der HCV-Infektion führt zudem zu einer Abnahme der Sterblichkeit und von leberbedingten Erkrankungen. Für die Zukunft wird es wichtig sein zu untersuchen, welchen Einfluss die hochwirksamen HCV-Medikamente und damit verbunden die höheren Heilungsraten auf die nicht leberbedingten Erkrankungen und die Sterblichkeit haben. Die Studienresultate weisen jedoch darauf hin, dass HIV/HIV-infizierte Menschen von einer HCV-Behandlung profitieren unabhängig davon, ob schon ein höherer Leberschaden vorliegt oder nicht.

Zusammenfassung: Dr Dominique Braun, Universitätsspital Zürich


Kommentar Dr. D. Braun und Prof. H. Günthard, SHCS

Seit dem 1. Mai 2017 wird eine HCV-Behandlung mit den neusten Medikamenten bei allen Patienten mit einer HIV-Koinfektion unabhängig von Leberschäden durch die Krankenkassen bezahlt. Dies ist eine erfreuliche Entwicklung und medizinisch sinnvoll. Allerdings ist das Ziel einer flächendeckenden Behandlung aller HCV-infizierter Personen in der Schweiz damit noch nicht erreicht. Weiterhin wird Personen eine HCV-Therapie vorenthalten, welche medizinisch notwendig wäre. Wir werden uns deshalb weiterhin dafür einsetzten, dass eine HCV-Behandlung nicht nur bestimmten Patientengruppen vorbehalten ist, sondern dass alle Betroffenen behandelt werden können.