HI-Viren mutieren
Seit zwei Jahren weiss es jeder: Viren sind weise, passen sich an und tricksen Schutzmassnahmen zuverlässig aus. Dass auch die HI-Viren aus der Familie der Retroviren das Mutationsspiel beherrschen, haben wir ein wenig vergessen. Schuld daran ist die sehr erfolgreiche Therapie.
Letzte Woche schaffte es dieses Thema in die Medien: Eine Publikation in der angesehenen Fachzeitschrift „Science“ wurde weltweit medial verbreitet – siehe BBC, NZZ, Le Figaro. Die europäische Forschergruppe beschreibt eine HI-Virus Variante, die sehr viel ansteckender, aber auch deutlich krankmachender ist als bisher bekannte HI-Viren. Entdeckt wurde die Virusvariante in einer 1992 abgenommenen Blutprobe eines Patienten in Amsterdam. In einer grossangelegten Suchaktion wurden anschliessend 108 weitere Proben mit dieser Variante gefunden, fast alle in den Niederlanden, aber auch eine aus der Schweiz. Auch konnte man feststellen, dass die Betroffenen vor Therapiebeginn 3,5 bis 5,5 Mal mehr HI-Viren im Blut hatten als normal – sie waren also sehr viel ansteckender. Diese hohe Viruslast hatte auch einen Einfluss auf die CD4-Helferzellen: sie wurden doppelt so schnell unterdrückt und die Patienten wurden schneller krank.
Die gute Nachricht folgt aber sogleich: die antiretrovirale Therapie war auch bei diesem Virustyp erfolgreich, und die Betroffenen erholten sich gleich rasch wie Patienten mit einem weniger krankmachenden Virus. Mittlerweile wissen wir aus anderen Studien, dass eine HIV-Infektion nach Diagnose sofort behandelt werden soll. Das nützt den Menschen mit HIV und ihrem Immunsystem – und es hilft der Prävention, weil Menschen mit Therapie nicht mehr ansteckend sind. Das verhindert aber auch das Entstehen und Verbreiten von HI-Virusmutationen, welche die heute bekannten Schutzmassnahmen unterlaufen könnten.
Vor dreissig Jahren, vor dem Erfolg der antiretroviralen Therapie, hat man solche Szenarien tatsächlich diskutiert – die ersten Therapieversuche mit Einer- und Zweierkombinationen wurden nämlich innert weniger Monate vom HI-Virus ausgetrickst. Die Mutationsfähigkeit des HI-Virus ist auch der wichtigste Grund, weshalb wir bis heute keine funktionierende Impfung gegen HIV haben.
David Haerry / Februar 2022
Weitere Themen
EACS 2023: Die HIV-Community lädt ein zum Benefiz-Lauf und zum Unterstützungsbesuch in die Ukraine
Nach mehr als 20 Jahren kehrt die Europäische Aids-Konferenz (EACS) zurück nach Osteuropa, sie findet vom 18. Bis 21. Oktober 2023 statt. Die Konferenz in Polen verspricht, historisch zu werden. Ein bedeutender Höhepunkt der diesjährigen Veranstaltung wird der Benefiz-Lauf mit
«Living Free With HIV» – Mach mit bei unserer Kampagne und setze ein Zeichen für Freiheit und Gleichberechtigung!
Sei dabei, wenn Bern die EuroGames 2023 vom 26. bis 29. Juli ausrichtet. Tauche ein in die faszinierende Welt des Sports mit 20 verschiedenen Disziplinen und Tausenden von Athletinnen und Athleten aus ganz Europa. Das bunte Village mitten in der
Fred Hersch – der Jazzpianist mit HIV im SRF Podcast
Fred Hersch ist ein genialer und charismatischer Pianist, der weltweit die Konzertsäle begeistert. Vor etwa 30 Jahren outete er sich als Mensch mit HIV. Radio SRF widmete ihm am 14. Mai 2024 eine Sendung. Den Podcast kann man sich hier