Eigentlich hätte die Medienmitteilung des Universitätsspitals Zürich vom 25. Juni 2015 ein mittleres Erdbeben auslösen sollen . Das mangelnde Echo auf die Studie zur Hepatitis-C-Therapie bestätigt das Bild der „stillen Epidemie“ einmal mehr.

Die eben in PLOS ONE veröffentlichte Modellstudie ist eine eindrückliche Bestätigung des Modells mit Daten der Schweizerischen HIV-Kohortenstudie, welche an der CROI 2015 vorgestellt wurden (wir berichteten, http://goo.gl/HBoVvh). Der Befund der neuen Studie in Kürze: Eine frühere Therapie und bessere Vorsorgeuntersuchungen senken die Sterblichkeit um 90 Prozent und beeinflussen die langfristige Entwicklung der Gesundheitskosten positiv.

Die Schweizer Forscher haben in der neuen Studie die Auswirkungen unterschiedlicher Behandlungsstrategien auf die Sterblichkeit und die Folgekosten von Hepatitis C untersucht. Bereits bestehende Modelle wurden erweitert, um die möglichen Auswirkungen verschiedener Ansätze zu bewerten: keine Behandlung, Behandlung zur Verminderung von Leberkrebs (Leberkarzinome) und der Sterblichkeit. Dazu wurden auch die Folgekosten einer unbehandelten Hepatitis C im Modell berücksichtigt. Die Ausgangsdaten stammen aus der publizierten Forschung. Die Modelle untersuchten die Auswirkungen der unterschiedlichen Ansätze bis ins Jahr 2030.

Die Ergebnisse könnten deutlicher nicht sein. Unter den heutigen überaus konservativen Behandlungsansätzen betragen die jährlichen Kosten der nicht behandelten Hepatitis C 96,8 Millionen Franken. Man muss es wiederholen: fast 100 Millionen Franken jährliche Kosten für gar nichts, und das Leiden der Patienten kommt dazu.

Wie kriegt man die Sache in den Griff? Das Modell hat die Antwort: Die Sterblichkeit kann um 90% vermindert werden, wenn bis in drei Jahren (2018) jährlich 4’190 Patienten im Stadium F2 oder 3’200 Patienten im Stadium F3 mit den neuen hochwirksamen Therapien behandelt werden. Werden diese Strategien um zwei oder fünf Jahre verzögert, reduziert sich das Todesfallrisiko der Patienten nur um 75, respektive 57%.

Für den Studienleiter und Leberspezialisten Prof. Beat Müllhaupt vom Schweizer Zentrum für Erkrankungen der Leber, der Bauchspeicheldrüse und der Gallenwege (Swiss HPB-Center) am Universitätsspital Zürich (USZ) ist die Sache klar: «Mit einer frühzeitigen Hepatitis C-Therapie kann die Sterblichkeit um 90 Prozent gesenkt und die langfristige Entwicklung der Krankheitskosten positiv beeinflusst werden. Frühe Behandlungen können so die schweren Hepatitis-Folgeschäden und die entsprechenden Folgekosten reduzieren». Er findet es schade, dass die Preisdiskussion um die neuste Generation der Hepatitis C-Medikamente diese gewünschte Behandlung blockiert: «Ich wünsche mir, dass Politik, Industrie und Krankenkassen Lösungen erarbeiten, die den betroffenen Patienten zu Gute kommen.»

Wir pflichten bei und appellieren an alle Beteiligten, das unsägliche Katz- und Mausspiel auf dem Buckel der Patienten zu beenden. Eine rechtzeitige Hepatitis-C Therapie ist ein Menschenrecht und sie muss durch die Grundversicherung ohne Vorbehalte gedeckt werden. Das und nichts anderes ist im Sinn und Geist des Krankenversicherungsgesetzes.

David Haerry

1 http://goo.gl/BncNvr
2 Müllhaupt B, Bruggmann P, Bihl F, Blach S, Lavanchy D, Razavi H, et al. (2015) Modeling the Health and Economic Burden of Hepatitis C Virus in Switzerland. PLoS ONE 10(6): e0125214. doi:10.1371/journal.pone.0125214