Gewichts- und Stoffwechselveränderungen nach der Umstellung von Tenofovir Disoproxil Fumarat auf Tenofovir Alafenamid bei Menschen mit HIV

Surial B et al, Annals of Internal Medicine 2021

Viele Patienten in der HIV-Kohortenstudie haben in den letzten Jahren die Therapie umgestellt, von Tenofovir auf TAF. Bei immer älter werdenden Patienten wollte man die bekannten Langzeitnebenwirkungen auf Nierenfunktion und Knochendichte umgehen. Tenofovir alafenamid (TAF) ist dank seiner guten Wirksamkeit und Verträglichkeit heute das verbreitetste HIV-Medikament. Puncto Nierenfunktion ist diese Strategie durchaus erfolgreich – das haben Bernard Surial und seine Kollegen in einer kürzlich veröffentlichten Publikation im JAIDS ausgeführt.


Die neue, jetzt eben veröffentlichte Studie über Gewichts- und Stoffwechselveränderungen mit der neuen Substanz TAF sorgt jetzt aber für zusätzliche Aufmerksamkeit. Die letzten Jahre ist das Thema an Kongressen sehr präsent. Vermutete man zuerst die Integraseinhibitoren als Hauptversursacher, zeigt die Kohortenstudie dass die neue Substanz TAF an den Gewichtszunahmen beteiligt ist.


Das zentrale Ergebnis der Studie: Personen, die auf eine TAF-Therapie wechselten, nahmen innerhalb der beobachteten 18 Monate deutlich stärker (1.7 kg) zu, als Personen, die in der TDF-Therapie blieben (0.7 kg). In der Gruppe mit einem normalen BMI entwickelten unter TAF 13.8% neu ein Übergewicht oder Adipositas, verglichen mit 8.4% unter TDF. Gleichzeitig wurde eine negative Entwicklung des Fettstoffwechsels mit einer generellen Erhöhung der Blutfettwerte festgestellt.
Kardiovaskuläre Komplikationen sind bei Menschen mit HIV eine der häufigsten Ursachen von Krankheit und Todesfällen. Dementsprechend sind die gefundenen Stoffwechselveränderungen von Bedeutung.

 
Müssen sich die Patienten jetzt Sorgen machen? So generell kann man das nicht sagen – TAF bleibt ein hochwirksames und relativ sicheres Medikament. Wer auf TAF umgestellt wurde und von einer grösseren Gewichtszunahme betroffen ist, sollte das Gespräch mit dem Arzt suchen. Patienten, welche mit Knochendichte und Nierenfunktion keine Probleme hatten, sind möglicherweise mit dem älteren Tenofovir besser bedient. Es braucht in dieser Situation eine individuelle Risikobeurteilung, welche alle möglichen Therapievarianten gegeneinander abwägt. Die nebenwirkungsfreie und wirksame Therapie ist schwierig hinzukriegen – es ist immer wieder ein neues Abwägen von Vor- und Nachteilen einer bestimmten Kombination.

David Haerry / März 2021