Die Digitalisierung im Gesundheitswesen ist sowohl für Patientinnen und Patienten wie auch für die Akteure im Gesundheitsbereich eine echte Herausforderung. Für Patientinnen und Patienten kann sie zu einer Chance werden, die es zu nutzen gilt. Für diese, aber auch für gesunde Menschen, bringt sie mehr Wissen und Kompetenz und damit auch mehr Eigenverantwortung. Sie ermöglicht ein aktives Selbstmanagement der eigenen Gesundheit und leistet somit indirekt einen Beitrag zur Prävention. Sie birgt jedoch auch Risiken, etwa dass Patientendaten einfacher in falsche Hände geraten oder gar missbraucht werden könnten. Diese gilt es ernst zu nehmen und mit entsprechenden Gegenmassnahmen zu verhüten. Zu diesem Thema trafen sich am 25. Oktober 2019 Patienten und Patientinnen, Patientenvertreter und Akteure im Gesundheitswesen zum dritten Swiss Patient Forum.
Digitalisierung im Gesundheitswesen: Chancen, Nutzen und Risiken
Die Digitalisierung erfasst alle Bereiche unserer Gesellschaft. Bei den einen löst sie Begeisterung aus, bei andern eher Befürchtungen. Im Gesundheitswesen spricht man vom gläsernen Patienten. Überall gibt es digitale Patientendaten, etwa beim Hausarzt, im Spital, in der Apotheke, bei Krankenkassen und Versicherungen. Im April 2020 wird in der Schweiz das Elektronische Patientendossier EPD eingeführt. Dieses ist eine Sammlung persönlicher Dokumente mit Informationen rund um die Gesundheit einer Person. Über eine sichere Internetverbindung sind diese Informationen sowohl für die betreffende Person als auch für deren Gesundheitsfachpersonen jederzeit abrufbar. Der Benutzer bestimmt selbst, wer welche Dokumente wann einsehen darf. Auch Gesundheits-Apps sind immer beliebter und das Angebot wächst ständig. Das EPD, aber auch Gesundheits-Apps verbessern die eigene Gesundheitskompetenz, denn sie geben einen Überblick über den Verlauf und die Veränderung gewisser für die Gesundheit relevanter Parameter. Wenige der Benutzer sorgen sich jedoch um die Zuverlässigkeit und die Qualität der erhobenen Daten, wo diese Informationen gespeichert werden, wer Zugriff hat und wer sie allenfalls missbrauchen könnte.
Patientendaten und biologische Proben von Patienten (Blut, Gewebe, Urin, etc.) werden im Rahmen der Behandlung erhoben, entnommen und zu Diagnosezwecken entsprechend archiviert. Diese Daten und Proben können auch für Forschungsprojekte sehr wertvoll sein. Deshalb werden bei Spitaleintritt Patienten für einen Generalkonsent, eine Einwilligung zur Weiterverwendung der Daten und Proben zu Forschungszwecken, angefragt. Zukünftig, nach Möglichkeit, digital. Das Potenzial der Datensammlungen gilt es für neue Erkenntnisse zukünftiger Therapiemöglichkeiten zu nutzen. Daten gelten als das Kapital der Zukunft. Mittels computergestützter Methoden werden grosse Datenmengen systematisch gesichtet, ausgewertet und nach wertvollen Anhaltspunkten zu bestimmten Forschungsthemen durchsucht. Bei dem Data Mining könnten sich neue, unerkannte Zusammenhänge ergeben, die bei einem einzelnen Forschungsprojekt nicht gefunden werden könnten.
Mit der systematischen Erfassung und dem Weiterreichen von digitalen Gesundheitsdaten, wächst jedoch auch das Risiko, dass diese in falsche Hände geraten und missbraucht werden. Wenn unabsichtlich oder durch Missbrauch der Arbeitgeber, die Bank, der Nachbar, die Versicherung, der wirtschaftliche Konkurrent oder politischer Gegner Zugang zu den Gesundheitsdaten einer Person erhalten, entstehen Risiken für Diskriminierung, Verweigerung einer Anstellung, einer Versicherung oder Versicherungsleistung, wirtschaftlichen oder moralischen Schaden, Rufschädigung und weiterem. Wie steht es daher mit dem Persönlichkeitsschutz, mit der Sicherheit und Qualität der Daten? Wer ist Besitzer und damit verantwortlich für die Daten, deren Aufbewahrung und Pflege? Werden Daten an Dritte, möglicherweise im Ausland, weitergegeben? Wer hat dann noch die Kontrolle was damit gemacht wird? Wer kann sie verändern oder allenfalls löschen?
Das dritte Swiss Patient Forum von EUPATI-Schweiz vom 25. Oktober 2019
Dieser äusserst aktuelle Problemkreis war daher auch Thema des dritten Patientenforums[1] von EUPATI-Schweiz[2]. Unter dem Titel Der Digitale Patient trafen sich rund 70 Patienten und Patientinnen, Patientenvertreter und Akteure im Gesundheitswesen am 25. Oktober in Bern. Am Vormittag war ein Workshop ausschliesslich für Patienten und Patientenvertreter reserviert. Sie sollten ihre Sicht, aber auch ihre Erfahrungen, Wünsche und Befürchtungen, zu den drei Themen: EPD, Gesundheits-Apps und Forschung mit Patientendaten zusammentragen. Der Nachmittag begann mit einer Zusammenfassung dieses Workshops, gefolgt von einer Kurzpräsentation von EUPATI und einzelnen Vorträgen durch verschiedene Akteure im Gesundheitsbereich. Die wichtigsten Ergebnisse des Workshops sowie die Kernpunkte der Präsentationen des Nachmittags sind nachfolgend zusammengefasst. Die Diskussionen waren geprägt von einem konstruktiven Dialog zwischen Fachleuten und Patienten. Das Zusammenwirken zwischen Fachwissen und sachlicher Argumentation auf der einen und Emotionalität und persönlicher Betroffenheit auf der anderen Seite ergab eine sehr positive Dynamik.
Das elektronische Patientendossier aus Sicht der Patienten
Verwaltung und Bewirtschaftung der eigenen Patientendaten ist für viele noch eine Herausforderung, da ihnen oft die dazu nötige digitale Kompetenz fehlt. Das elektronische Patientendossier (EPD) erlaubt dem Patienten ein Selbstmanagement seiner Gesundheit, beziehungsweise Krankheit. Diese schafft Transparenz und ermöglicht mehr Selbstbestimmung. Der Patient hat Zugriff auf seine Krankheitsinformationen und weiss, wie sich die für seine Gesundheit relevanten Parameter entwickelt haben. Beispielsweise, wann er welche Impfung erhalten hat, welche Medikamente er eingenommen hat, welche Untersuchungen wann durchgeführt wurden, abrufbar. Die Zusammenarbeit mit seinen Betreuern im Gesundheitsbereich kann dadurch verbessert werden und ermöglicht eine Kooperation auf Augenhöhe. Befürchtungen werden nach wie vor geäussert in Bezug auf Missbrauch von Daten, Stigmatisierung und «digitale Überforderung». Eine Herausforderung ist zusätzlich, wie und in welcher Form der Patient zu seinen Daten kommt. Während dies wegen dem gesetzlichen Anforderungen aus dem Spitalbereich problemlos möglich sein wird, ist die Beschaffung der Daten aus Arztpraxen – von denen viele noch Patientendossiers auf Papier führen und für die ein EPD-Anschluss fakultativ ist – aufwändiger.
Vor- und Nachteile von Gesundheits-Apps
Unzählige Gesundheits- Apps werden mittlerweile für Smartphones angeboten; viele sind gratis, andere sind nur gegen Bezahlung nutzbar. Sie werden nicht nur von Patienten verwendet, auch Gesunde «tracken» damit ihre Fitness und ihren Gesundheitszustand. Einige hoffen, damit eine sich ankündigende Krankheit oder Dysfunktion frühzeitig zu erkennen. Nicht immer ist jedoch klar, wer der Anbieter dieser Apps ist, welche Parameter sie erfassen, was damit bezweckt wird, wie zuverlässig und fachlich korrekt die Angaben sind, sowie, ob und wie der Datenschutz geregelt ist. Bei einigen kommt der Verdacht auf, dass es nur darum geht, auf einfache Art Patientendaten zu beschaffen. Eine korrekte ärztliche Diagnose und, falls eine solche nötig ist, eine wirksame Behandlung durch eine Fachperson können sie nicht ersetzen.
Die Teilnehmer des Workshops sehen bei der Qualität der Apps und beim Datenschutz Verbesserungsbedarf. Sie erachten eine Bewertung solcher Apps durch Fachpersonen und eine Zertifizierung als notwendig. Der Benutzer sollte darüber informiert werden, wo die Daten sind und sollte selbst über die Vergabe der Zugriffsrechte entscheiden können. Die «Opt in»-Variante wird hier gegenüber einer «Opt out»-Variante klar bevorzugt. Gewünscht werden auch modulare Apps, die der Benutzer selbst konfigurieren kann, damit diejenigen Parameter prioritär erfasst werden, die ihm wichtig sind. Unerlässlich ist im Weiteren die kontinuierliche Pflege der Programme, verbunden mit einer laufenden Aktualisierung. Für Patientinnen und Patienten würden sie die Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt, der Ärztin verbessern, wenn er/sie direkt auf die Daten seiner Patienten und Patientinnen zugreifen könnte. Solche Apps würden damit wesentlich zur Eigenverantwortung und Gesundheitskompetenz von Patienten beitragen, wären aber auch für Gesunde von Nutzen. In gewissen Fällen könnten die Daten von Apps auch für Forschung von Interesse sein. Eine optimale Nutzung dieser Apps setzt allerdings ein Minimum an «digitaler Kompetenz» bei den Nutzern voraus.
Forschung mit Patientendaten und biologischen Proben von Patienten
Patienten stehen grundsätzlich der Weiterverwendung ihrer Daten und Proben für die Forschung positiv gegenüber. Dies auch dann, wenn sie selbst von den Forschungsergebnissen direkt nicht profitieren können. So stimmen die meisten Patientinnen und Patienten der verschlüsselten Weiterverwendung ihrer Daten und Proben zu Forschungszwecken zu (Generalkonsent). Sicherheit und Datenschutz sind ihnen jedoch ein wichtiges Anliegen, um Missbrauch der Daten zu vermeiden. Auch wünschen Patienten darüber informiert zu werden, was mit den Daten/Proben gemacht wird und begrüssen Berichte über Forschungsergebnisse in einer für sie verständlichen Form. Zudem finden sie, dass auch die Ergebnisse von abgebrochen Studien, oder solchen die kein brauchbares Ergebnis lieferten, veröffentlicht werden sollten.
Kontrovers wurde an diesem Tag über den Generalkonsent, der zukünftig digital eingeholt werden soll (e- Generalkonsent), diskutiert. Zwar versichert die Institution /das Spital ausreichenden Datenschutz und eine ausreichende Verschlüsselung der Daten, so bleiben dennoch Bedenken in Bezug auf die Datensicherheit, den Persönlichkeitsschutz und dass Daten missbräuchlich verwendet oder kommerziell genutzt werden. Man hat das Gefühl, dass einem, sobald die Zusage erteilt ist, die Kontrolle über die weitere Verwendung der eigenen Daten entgleitet. Wer verwaltet den Schlüssel? Wo wird dieser aufbewahrt? Was wenn Daten ins Ausland gehen und dort weiterbearbeitet werden? Wer hat dann noch die Kontrolle?
Das Feedback von Patienten, die an Forschungsprojekten teilgenommen haben war eher positiv. Sie sind motiviert und anerkennen den Nutzen solcher Projekte. Auch der Nutzen klinischer Studien, für die eine spezifische Studieneinwilligung nötig ist, wird geschätzt, obwohl die hierzu erforderlichen Konsultationen und Untersuchungen viel Zeit in Anspruch nehmen und auch psychisch wie physisch belastend sein können. Die Probanden wünschen generell als gleichwertige Partner in einer Zusammenarbeit wahrgenommen zu werden und in verständlicher Form über die Erkenntnisse aus einer Studie informiert zu werden. Auch hätten sie gerne eine einzige Betreuerperson, die sie während der gesamten Studie betreut und immer für sie erreichbar ist. In diesem Zusammenhang stellt sich auch, abweichend vom eigentlichen Thema, die Frage nach einer angemessenen Entschädigung bei der Teilnahme an Studien, die einen grossen Einsatz verlangt und mit Arbeitsausfällen oder einer persönlichen Belastung einhergehen kann.
Fallbeispiel: Die Lichtkrankheit Porphyrie
Die Vorteile der Digitalisierung wurde am Beispiel der seltenen Lichtkrankheit erythropoetische Protoporphyrie (EPP) dargelegt. Für dieses Leiden gibt es seit 2014 ein von der EMA[3] für die EU zugelassenes wirksames, aber leider sehr teures, Medikament, das jedoch zurzeit in der Schweiz noch nicht zugelassen ist. Die Patienten sind also hier auf das Wohlwollen ihrer Krankenkassen angewiesen. Licht löst bei den Betroffenen eine schwere phototoxische Reaktion aus. Sie haben das Gefühl, die Haut brenne von innen. Die Symptome sind oft unsichtbar, die Schmerzen jedoch unerträglich. Im Jahr 2006 wurden am Zürcher Triemlispital die weltweit ersten klinischen Studien mit Afamelanotid (Scenesse) durchgeführt. Der Vortrag schilderte den Kampf der Betroffenen, bis sie das Medikament im Rahmen einer Studie erstmals anwenden durften und die Schwierigkeiten bei der Rückerstattung der Kosten durch die Krankenkassen. In Zusammenarbeit mit der Organisation Health Hacking Lab wurde eine App entwickelt, um die Lichteinstrahlung, Symptome, Schmerzen und Behandlung zeitnah zu erfassen und zu dokumentieren. Auch hier erwies sich die Digitalisierung von grossem Vorteil, sowohl für die betroffenen Patienten als auch bei der Zusammenarbeit mit den an der Studie beteiligten Forschern.
Das EPD wird 2020 offiziell eingeführt
Das Schweizer Gesundheitswesen ist zurzeit noch wenig digitalisiert. Studien zeigen, dass der starke Föderalismus und die komplizierten politischen Konstellationen für eine gute Zusammenarbeit teilweise hinderlich sind. Dennoch herrscht bei den Zielen und der Umsetzung der nationalen e-Health-Strategie unter den Akteuren Einigkeit und es bestehen gute Aussichten für den künftigen Fortschritt. Im Zentrum der eHealth-Strategie steht das elektronische Patientendossier (EPD). Das EPD gehört den Patientinnen und Patienten. Diese können Daten einsehen, eigene Dokumente abspeichern, den Notfallzugriff erlauben oder nicht und Stellvertreter einsetzen. Sie erteilen Zugriffsrechte und können im Protokoll jederzeit feststellen, wer wann auf die Dokumente zugegriffen hat. Das EPD ist freiwillig; es wird durch regionale Interessenvertreter umgesetzt, aber unter einem nationalen Dach. Im am 15. April 2017 in Kraft gesetzten Bundesgesetz zum EPD wurden die Übergangsfristen geregelt: Spitäler Reha sollen nach drei Jahren ihre Dokumente für das EPD verfügbar machen können, Pflegeheime nach fünf Jahren. Somit markiert der April 2020 den Start für das EPD. Die Übertragung von Dokumenten aus dem ambulanten Bereich (vom Hausarzt, der Hausärztin), von Bürgern sowie Patientinnen und Patienten ist freiwillig. Krankenkassen haben keinen Zugriff auf das EPD.
Der digitale Hausarzt
Durch die Digitalisierung kann der Arzt, die Ärztin, erheblich Zeit und administrativen Aufwand sparen und kann sich mehr seinen Patienten widmen. Etwa durch die elektronische Verwaltung von ärztlichen Aufzeichnungen über die Patienten, deren Krankengeschichte, von medizinischen Parametern und Analysenresultaten, der Agenda der Konsultationen und Untersuchungen sowie bei der Ausstellung von Rechnungen und Rezepten. Vom Patienten über eine App erfasste Messwerte und Daten können während der Sprechstunde erfasst werden, ebenso Berichte von auswärtigen Diagnosen, über Allergien, Medikamentenänderungen. Elektronisch erfasst werden so alle geplanten Termine eines bestimmten Patienten, ebenso alle früheren Termine, aber auch Adressänderung sowie Krankenkassenwechsel. Im Weiteren ermöglicht die Digitalisierung den Datenaustausch mit EPD des Patienten, von Daten aus Ambulanzen, vom Spezialisten, aus dem Spital, der Apotheke, von der Spitex, und von der Krankenkasse.
Die Digitalisierung aus der Sicht der Pharmaindustrie
Auch aus der Sicht der Pharmaindustrie bietet die Digitalisierung Vorteile, etwa durch eine bessere Versorgung der Patientinnen und Patienten sowie eine verbesserte Prävention. Sie bringt auch Vorteile für Therapieentscheide, für die Compliance und das Monitoring. Im besten Fall können dadurch Kosten im Gesundheitswesen gespart werden. Die Digitalisierung ermöglicht zudem einen früheren und besseren Nachweis des Nutzens (etwa Wirksamkeit eines Wirkstoffes oder von unerwünschten Nebenwirkungen), insbesondere bei teuren Therapien. Bei Patientinnen und Patienten führt sie zur Stärkung des Empowerments durch umfassendere, schnellere Information und den Austausch mit anderen Patienten, also insgesamt zu einer besseren Vernetzung und Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure. Dieser Weg ist allerdings lang und Patientinnen und Patienten brauchen Unterstützung, einerseits zur Verbesserung ihrer Gesundheitskompetenz, aber auch für ihre digitalen Kompetenz, damit sie die Vorteile der Digitalisierung auch effizient nutzen können.
Die Sicht der Forschung und der elektronische Generalkonsent
Beim e-Generalkonsent geht es um die Einwilligung von Patientinnen und Patienten für eine Weiterverwendung von gesundheitsbezogenen Daten und Proben, die während der Behandlung am Spital erhoben und gesammelt werden. Dazu wurde im Rahmen des Swiss Personalized Health Network (SPHN) ein nationaler interaktiver elektronischer Generalkonsent-Prototyp entwickelt. Die verschlüsselte Weiterverwendung von nicht-genetischen und genetischen Daten (das sind Informationen, die erbliche Merkmale von Individueen enthalten) und Proben für die Forschung wird im Schweizer Humanforschungsgesetz geregelt. Voraussetzung zur Nutzung der Daten und Proben ist einerseits der Generalkonsent des Patienten, die Bewilligung des Projektes durch die Ethikkommission und der Antrag für die Nutzung der Daten innerhalb der Institution. Der Prozess des Generalkonsent beginnt beim Eintritt des Patienten in das Spital. Die Anfrage erfolgt zurzeit noch auf Papier, soll aber zukünftig elektronisch über ein Smartphone oder ein Tablet, mit oder ohne Hilfspersonal des Spitals erfolgen. Der e-Generalkonsent verwendet dazu eine harmonisierte Generalkonsent-Vorlage, am den sich zurzeit die fünf grossen Schweizer Universitätsspitäler beteiligen: Inselspital Bern, Universitätsspital Basel, Universiätsspital Zürich, Hôpitaux Universitaires de Genève und Centre Hospitalier Universitaire Vaudois. Die grösste Herausforderung ist momentan die fehlende Grundlage für Digitalisierung im Humanforschungsgesetz und die bislang nicht etablierte elektronische Identität in der Schweiz.
Die Sicht der Datenschutzverantwortlichen
Gesundheitsdaten sind extrem wertvoll. Davon ist heute jedermann überzeugt. Deshalb sind sie bei vielen Stake-holdern des Gesundheitswesens und in der Forschung in hohem Mass begehrt. Gefahren, dass Daten missbraucht werden, lauern in Form von Schwachstellen sowohl bei Patienten und Patient innen als auch bei den leistungserbringenden Institutionen. Beide Seiten sind sich dieser Gefahren oft zu wenig bewusst. Inwiefern das EPD den gläsernen Patienten, die gläserne Patientin, fördert oder dem entgegenwirkt, lässt sich zurzeit nur schwer beurteilen. Patienten und Patientinnen sind zwar nicht machtlos, nehmen aber ihre digitale Selbstverantwortung zu wenig oder gar nicht wahr. Vermehrte Ausbildungsangebote zur besseren Wahrnehmung dieser digitalen Selbstverantwortung könnten hier Abhilfe schaffen. Die Frage, ob der gläserne Patient, die gläserne Patientin droht, kann zurzeit aus der Sicht von Datenschutz- und Cybersicherheitssicht noch nicht abschliessend beantwortet werden. Das Risiko ist jedoch real und sollte ernst genommen werden.
Digitalisierung im Gesundheitswesen: Diskussionen und Dialog für die Zukunft
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen hat gerade erst begonnen. Viele Fragen zu den Chancen und Risiken aus Sicht der Patientinnen und Patienten sind somit noch unbeantwortet. Neben Informationen und Diskussionen zu den ethischen, rechtlichen und technischen Aspekten der Digitalisierung wurden auch Themen wie die Einbindung von Patientinnen und Patienten, Vertrauen und Steigerung der Digitalen Kompetenz am Tag eingebracht. Offene Diskussionen und konstruktive Dialoge zwischen Patientinnen, Patienten und weitere Akteure im Gesundheitsbereich wären auch in die Zukunft wichtig.
Hansruedi Völkle / November 2019
Mitarbeit:
Mark Bächer(a), Mathis Brauchbar(b), Pius Bürki(c), Rocco Falchetto(d), Marie Mi Bonde Hansen(I), Stephanie Ludwig(f), Julia Maurer(g), Giovanni Nisato(d), Cäcilia Schmid(h), Hansruedi Völkle(h), Olivia Walther(i) und Barbara Widmer(k).
(a) Life Science Communication, Zürich; (b) advocacy AG, Zürich; (c) Kinderarzt, Baar; (d) Schweizerische Gesellschaft für Porphy-rie, Zürich; (e) eHealth Schweiz, c/o BAG, Bern; (f) Takeda Pharma AG, Opfikon-Glattbrugg ; (g) Universitätsspital und Universität Basel; (i) Janssen-Cilag AG, Zug; (k) Datenschutz, Kanton Basel-Stadt
[1] Das Forum wurde ermöglicht durch die finanzielle Unterstützung durch die Firmen Janssen-Cilag AG Switzerland (Johnson & Johnson) und Takeda Pharma AG denen an dieser Stelle bestens gedankt sei.
[2] Die Europäische Patientenakademie (EUPATI) ist ein gesamteuropäisches Projekt im Rahmen einer Innovative Medicines Initiative von 33 Organisationen, das vom Europäischen Patientenforum geleitet wird und über Partnerschaften mit Patientenorganisationen, Universitäten und gemeinnützigen Organisationen sowie einer Reihe von Pharmaunternehmen verfügt. Finanziert wird EUPATI durch die EU und die EFPIA (European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations). EUPATI widmet sich schwerpunktmässig den Bereichen Aus- und Weiterbildung, um die Fähigkeit von Patienten und Patientenvertretern, die medizinische Forschung und Entwicklung zu verstehen und sich daran zu beteiligen, auszubauen und zudem die Verfügbarkeit objektiver, zuverlässiger und patientenfreundlicher Informationen für die Öffentlichkeit zu verbessern. Mittlerweile haben 18 europäische Länder – die Schweiz seit 2016 – nationale EUPATI-Plattformen gegründet.
[3] EMA = European Medicines Agency ist als Europäische Arzneimittel-Agentur in der Europäischen Union für die Beurteilung und Überwachung von Arzneimitteln zuständig.