Auf Reisen mit HIV
Endlich wieder! Ferien im Ausland locken, die Schweizerinnen und Schweizer sind fleissig unterwegs und füllen die Flieger in Basel, Genf und Zürich. Menschen, die mit HIV leben, müssen besser planen als andere Touristen. Gibt es bei meinem Ferienziel Einreisebeschränkungen für Menschen mit HIV? Kurz nachschauen auf hivtravel.org schafft Klarheit.
Europa
In Europa gibt es zum Glück keine Probleme. Einzige Ausnahme: wer ein Russland-Visum mit mehrfacher Einreise beantragt, wird scheitern, denn es wird ein negativer HIV-Nachweistest verlangt. Ein Einzelvisum ist aber ohne Test möglich. Im Moment hält sich die Nachfrage wohl in Grenzen, aber das kann sich wieder ändern.
Nord- und Südamerika
Touristen und Geschäftsreisende können überall problemlos einreisen. Wer in Kanada studieren oder arbeiten möchte, braucht juristische Unterstützung in Kanada. Kanada berechnet die Therapiekosten für alle chronische Erkrankungen in einem komplizierten Verfahren. Weil die HIV-Therapien eher günstiger geworden sind, ist es einfacher als in früheren Jahren. Wir empfehlen das HIV Legal Network und die Battista Smith Migration Law Group.
Afrika
Im Grossen und Ganzen gibt es in Afrika kaum Probleme. Ausnahmen sind Ägypten und Tunesien. Tunesien verlangt bei Visa-Anträgen von über 30 Tagen ein negatives Testergebnis. In Ägypten ist die Lage nicht so klar. Unseres Wissens brauchen Europäer keinen Testnachweis für Aufenthalte unter 90 Tagen.
Asien
In Asien gibt es einige Problemzonen. Im Nahen und Mittleren Osten haben die meisten Länder entweder Beschränkungen oder gar Einreiseverbote in Kraft. Notorisch sind die Vereinigten Arabischen Emirate, Qatar und Saudi-Arabien. Trotzdem können Touristen und Geschäftsreisende problemlos ein- und ausreisen. Wir empfehlen aber ein grundsätzlich achtsames Verhalten und den HIV-Status unbedingt zu verschweigen. Transitflüge via Dubai oder Qatar sind völlig problemlos.
Anders ist die Lage, wenn man arbeiten möchte. In fast allen Ländern im Nahen und Mittleren Osten ist ein negativer HIV-Test eine Voraussetzung für Arbeitsvisa. Wer bereits ein Arbeitsvisum hat und dieses erneuern muss, wird erbarmungslos ins Gefängnis gesteckt und deportiert. Bei Hivtravel.org hören wir mehrmals pro Jahr von Betroffenen.
China behauptet offiziell, dass die Beschränkungen abgeschafft sind. Aus Rückmeldungen von Betroffenen mit Arbeitsgenehmigung wissen wir, dass das so nicht stimmen kann. Weil Besuchervisa elektronisch sind, können wir das Formular nicht einsehen. Falls die Frage noch auftauchen sollte, empfehlen wir, den HIV-Status zu verschweigen.
Einige andere asiatische Länder wie zum Beispiel Singapur erteilen keine Aufenthaltsgenehmigung für Menschen mit HIV. Das Nachbarland Malaysia lässt gut qualifizierte Leute arbeiten, verweigert aber Menschen, die einfache Arbeiten ausüben, ein Arbeitsvisum.
Australien, Neuseeland
Hier gibt es keine Probleme für Touristen und Geschäftsreisende. Australien kennt aber grosse Hürden für Studierende und Menschen, die sich niederlassen möchten. Ähnlich wie in Kanada müssen alle Interessierten einen Gesundheitscheck absolvieren. Menschen mit HIV oder anderen chronischen Erkrankungen, welche höhere Kosten verursachen, fallen automatisch durch die Maschen. Die gesetzlichen Bestimmungen sprechen von “significant cost to the Australian community in terms of health care and community services”. Neuseeland kannte eine ähnliche Regelung, hat diese aber im Oktober 2021 aufgehoben.
Reisen mit Medikamenten
Es gilt, einige Vorsichtsmassnahmen zu beachten.
- Die Medikamente gehören unbedingt ins Handgepäck. Aufgegebene Koffer können später ankommen oder ganz verloren gehen.
- Reservemedikamente mitnehmen. Flüge können annulliert werden, oder die Rückreise kann sich aus anderen Gründen verzögern.
- Medikamente in Originalpackungen und mit Namen etikettiert mitführen. Zollbeamte wollen sicher sein, dass diese für die einreisende Person bestimmt sind und dass man keine illegalen Substanzen mitführt. Ebenfalls empfehlen wir dringend, ein ärztliches Rezept in englischer Sprache mitzuführen. HIV muss nicht erwähnt werden. Die Zollbestimmungen der meisten Länder verlangen dies. In einigen Ländern werden rezeptpflichtige Substanzen ohne Rezept am Zoll konfisziert. Besonders streng sind die USA und Chile.
- Sprich mit niemandem, aber gar niemandem über dein HIV. Auch wer gewohnt ist, zuhause offen mit HIV umzugehen, gelten in vielen Ländern andere Sitten und eine HIV-Infektion wird von den Menschen anders wahrgenommen.
Vielreisenden erleichtert eine Therapieumstellung auf Substanzen mit Langzeitwirkung das Leben.
Reisen mit PrEP
Siehe oben – es gelten genau dieselben Regeln.
Viruslast nicht nachweisbar
Auf Hivtravel.org eine häufig gestellte Frage – gelten die Vorschriften auch, wenn ich seit X-Jahren keine nachweisbare Viruslast habe? Ja, sie gelten trotzdem. Obwohl die Nicht-Nachweisbarkeit in der Schweiz seit 2008 Realität ist, hat noch kein Land bestehende Beschränkungen deswegen angepasst. Richtigerweise wird dafür auch kein Lobbying betrieben, denn solche Beschränkungen sind sowieso von vorgestern und sie gehören, wenn schon, gänzlich abgeschafft.
Fragen zum Thema
Bei Unsicherheiten kann man auf hivtravel.org über ein Feedback Formular Fragen stellen.
ACT NOW – IAS 2023 Community Forum
Am Samstag, den 22. Juli findet in Brisbane, Australien ein Community Forum zum Thema „Global HIV Migration, Mobility and Health Equity“ statt. Gespannt sind wir vor allem, ob Australien eine Lockerung seiner restriktiven Einreisepolitik bekannt gibt. Wir sind vor Ort und werden berichten.
David Haerry, Co-Autor und online Redaktor Hivtravel.org / Juli 2023
Weitere Themen
AIDS 2024 in München: «We are not alone»
An der internationalen Aids-Konferenz Ende Juli 2024 versammelten sich in München Tausende von Teilnehmenden aus der ganzen Welt. Man konnte nicht nur Neustes aus der Forschung und Prävention erfahren, es war auch eine einmalige Gelegenheit, Menschen aus der ganzen Welt
AIDS 2024 München: 100% Schutz vor HIV mit 2 Spritzen pro Jahr
Linda Gail-Bekker, eine bekannte Forscherin aus Kapstadt, sorgte für weltweite Schlagzeilen und brachte den nüchternen Konferenzraum zum Toben. Sie präsentierte sensationelle Studienergebnisse aus Uganda und Südafrika – untersucht wurden drei Präventionsstrategien bei 5’338 jungen Frauen. Eine der drei Interventionen schützt
Schwarze Listen in der Schweiz – auch Luzern schafft diese ab
Am 10. September hat nun auch Luzern die schwarzen Listen definitiv entsorgt. Der Luzerner Kantonsrat schaffte diese mit 82 zu 28 Stimmen ab. Nach einem Vorstoss des ehemaligen Kantons- und heutigen Nationalrats David Roth ging der Luzerner Regierungsrat über die