AIDS 2020: COVID-19 und HIV – gibt es neue Erkenntnisse?

Am 11. und 12. Juli war die COVID-19 Konferenz das virtuelle Bonbon für die Teilnehmer an der AIDS 2020. Prominente Referenten wie Tony Fauci, Deborah Birx und Bill Gates sorgten für Glamour, doch es gab auch viel seriöse Forschung und insbesondere mit Spannung erwartete neue Erkenntnisse zur Bedeutung von COVID-19 bei Menschen mit HIV.

Am Anfang der COVID-19 Pandemie machten sich viele Menschen mit HIV grosse Sorgen. Besteht bei uns eine erhöhte Ansteckungsgefahr, oder riskieren wir einen schwereren Verlauf? Diese Sorgen waren verständlich, doch können wir heute entwarnen. Es gab viel Besorgnis darüber, ob sich Personen mit HIV eher anstecken oder von COVID-19 ernsthafter erkranken als Menschen ohne HIV. Forscher in den USA fanden heraus, dass Menschen mit HIV sich weder häufiger mit COVID-19 infizieren noch häufiger daran sterben1. Darüber hinaus scheint die antiretrovirale Therapie keinen Einfluss auf den Verlauf einer COVID-19 Erkrankung zu haben. Wie sich SARS-CoV2 auf Menschen mit HIV ohne antiretrovirale Therapie auswirkt, konnte nicht überprüft werden.

Auf ähnliche Erkenntnisse kam eine Forschergruppe aus London2. In dieser Studie haben sich Menschen mit HIV rascher von einer COVID-19-Erkrankung erholt als Menschen ohne HIV, wenn man andere Erkrankungen und die soziale Herkunft berücksichtigt. Eine zweite Londoner Studie zeigt aber, dass schwarze Menschen mit HIV häufiger ins Spital eingewiesen werden müssen als weisse3. Dieser Effekt war sehr ausgeprägt – 7.6-mal häufiger müssen schwarze Menschen mit HIV wegen einer Covid-19 Erkrankung ins Spital. Dies bestätigt eine bereits publizierte Studie aus Südafrika – wir haben im letzten Newsletter davon berichtet. Die Gründe für diesen grossen Unterschied sind noch unklar.

Das Coronavirus ist eine Herausforderung für manches Gesundheitssystem. Auch afrikanische Länder mussten die Medikamentenabgabe vereinfachen und klinische Untersuchungen hinauszögern. Haben diese Änderungen einen negativen Einfluss auf Menschen mit HIV? In Südafrika hat sich gezeigt, dass sich die plötzlichen Änderungen nicht negativ auswirken4. Die Patienten waren sogar glücklich und fanden es motivierend, dass sie weniger häufig in die Klinik mussten und die Medikamente für mehrere Monate nach Hause nehmen konnten. Für die afrikanischen Gesundheitssysteme sind das wichtige Erkenntnisse.

 

David Haerry / August 2020

 

 

1. Park LS et al. COVID-19 in the largest US HIV cohort. 23rd International AIDS Conference, abstract LBPEC23, 2020

2. Lee MJ et al. Comparative outcomes in hospital admissions with COVID-19 in people living with HIV and people living without HIV: A retrospective study. 23rd International AIDS Conference, abstract LBPEB09, 2020

3. Norcross C et al. Black ethnicity is a risk factor for hospitalization with COVID-19 in people with HIV. 23rd International AIDS Conference, abstract LBPEB12, 2020

4. Keene C et al. „Only twice a year“: A qualitative exploration of six-month antiretroviral treatment refills for people living with HIV in Khayelitsha, South Africa. 23rd International AIDS Conference, abstract PEE1497, 2020

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